Teil 35: Landwirtschaft Fazit

Landwirtschaft ist komplizierter als ich dachte. Sie birgt gleich mehrere Zielkonflikte. Wir wollen unberührte Natur und wilde Wälder, gleichzeitig aber auch 8 Mrd. Menschen verlässlich und gesund ernähren. Konventionelle Landwirtschaft liefert hohe Erträge, kann jedoch den Boden auslaugen und Pflanzenschutzmittel bergen das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen. Kleegraswiesen binden wertvollen Stickstoff aus der Luft und CO₂ im Boden. Ansonsten eignen sich jedoch nur als Tierfutter und Tierhaltung bringt höhere Emissionen und zusätzlichen Flächenverbrauch für Kraftfutter. Insgesamt nutzen wir 28% unserer landwirtschaftlichen Flächen als Dauergrünland und weitere 18% für anderes Tierfutter (Stand 2019). Biolandwirtschaft kann gute Produkte liefern, erhöht jedoch wieder den Flächenverbrauch und auch den Preis. Ob dabei die natürlichen Pflanzenschutzmittel immer besser sind als industrielle Produkte, ist nicht immer eindeutig – Stichwort Fliegenpilz.

Emissionen

Auch die Emissionen in der Landwirtschaft sind vielfältig:

  • Traktoren und andere Maschinen fahren oft noch mit Diesel. Für den ausdauernden Feldbetrieb braucht es sehr große und damit schwere Akkus, denn die wenigsten Felder bieten eine integrierte Ladesäule.
  • Die Verdauung der Rinder (und anderen Wiederkäuern) produziert große Mengen Methan.
  • Stickstoffüberschuss beim Düngen führt zu Lachgasemissionen.
  • CO₂ entsteht bei der Herstellung von Mineraldünger, wenn wir nicht genug grünen Wasserstoff produzieren.
  • CO₂ entweicht auch jedes Jahr aus trockengelegten Mooren in großen Mengen
  • Durch hohen Flächenverbrauch fehlen Wälder, die CO₂ aufnehmen könnten.
  • Durch seinen schlechten Zustand nimmt der aktuelle Wald weniger CO₂ auf.

Düngen

Will man weniger Mineraldünger einsetzen, braucht es Kleegraswiesen, die den Stickstoff aus der Luft binden und so in den Kreislauf einbringen. Am meisten Geld verdient man dabei, wenn man das Gras durch eine Kuh durchfüttert. Diese braucht jedoch auch anderes Futter und führt so zu mehr Flächenverbrauch und wie gesagt mehr Methan. Man kann das Kleegras auch vollvegan untermulchen oder kompostieren. Dies liefert guten Dünger, jedoch wenig Umsatz. Alternativ geht eine Vergärung von Kleegras in Biogasanlagen. Dies bringt Erlöse, einen Beitrag zur Energiewende und die Gärresten liefern immer noch guten Dünger.

Fazit

Ausgehend von meinen aktuellen Kenntnissen wäre mein Ansatz für eine nachhaltigere Landwirtschaft:
  1. Wir, die Konsumenten, reduzieren unseren Verbrauch an Milchprodukten und Fleisch, insbesondere Rindfleisch.
  2. Dadurch reduzieren wir Viehbestand, insbesondere bei Rindern und bevorzugt Tiere, deren Futter auf trockengelegten Moorflächen wächst.
  3. Die frei werdenden Flächen werden wieder vernässt bzw. aufgeforstet als CO₂-Senke.
  4. Den Stickstoff-Bedarf der Landwirtschaft decken wir verstärkt über Kleegraswiesen. Diese versorgen unsere verbleibenden Rinderbestände oder dienen als Material für Biogasanlagen. Die Gärreste der Biogasanlage liefern dann den Dünger für die Felder.
  5. Die verbleibenden Tierbestände werden überwiegend mit Kleegras sowie Getreideabfällen (B-Ware) gefüttert. Das führt voraussichtlich zu geringeren Erträgen an Milch und Fleisch. Die Verdienstausfälle können durch CO₂-Zertifikate für das besonders klimafreundliche Fleisch ausgeglichen werden.
  6. Für den verbleibenden Stickstoffbedarf brauchen wir grünen Ammoniak und dafür grünen Wasserstoff.
  7. Alle anderen Bioabfälle und biogenen Reststoffe verwerten wir vorwiegend in Biogas oder Pyrolyse-Anlagen und unterstützen so die Energiewende. Die Gärreste dienen weiterhin als Dünger, die Biokohle zur Humusbildung.
  8. Das derzeitige Biosiegel lösen wir ab durch ein neues CO₂-Siegel. Dieses fokussiert sich auf Humusaufbau und Emissionsvermeidung. Dafür sind bei diesem Siegel Mineraldünger, Pflanzenschutzmittel und Genprodukte in geeigneter Dosierung erlaubt.
  9. Die Landwirte bewirtschaften die Moore und Wälder nachhaltig als Klimawirt. Für die geringeren Erträge werden sie angemessen entschädigt, bzw. über CO₂-Zertifikate entlohnt.
Dieses Konzept basiert auf meinem unvollständigen Wissen als motivierter Laie. Offensichtlich ist das Konzept noch oberflächlich und unvollständige. Ich hoffe auf ein paar Profis, die mitlesen. Kann dieser Ansatz funktionieren? Was fehlt noch? Kennt jemand ein paar Agrar-Doktoranden, die das genauer ausarbeiten können?

Was kannst Du tun?

In jedem Fall bleibt die Produktion aufwendig und braucht Energie und Flächen. Umso wichtiger ist es, dass wir mit den gewonnenen Lebensmitteln achtsam umgehen und sie nicht verschwenden. Auch bei Fleisch, Milch und Eiern müssen wir mitmachen. Die Reduktion der Tierbestände ist nur sinnvoll, wenn wir gleichzeitig weniger Eier, Fleisch und Milchprodukte kaufen. Andernfalls würden wir regionales Fleisch durch Importe ersetzen und die haben eine noch schlechtere Klimabilanz. Generell sind regionale und saisonale Waren die bevorzugte Wahl auch bei anderen Lebensmitteln. Damit nachhaltige Landwirtschaft klappt, bist auch Du gefordert:
  1. Weniger Fisch, Fleisch und Milchprodukte.  Orientierung liefert die Planetary Health Diet. Zielwert sind 500g totes Tier und 2 Liter Milch pro Woche. Weniger ist immer erlaubt.
  2. Lebensmittel werden gegessen und nicht weggeschmissen.
  3. Schaue, welche Lebensmittel eine guten CO₂-Bilanz haben. Sp Google findet jede Menge detaillierte Aufstellungen:
  4. Kaufe saisonal und regional. Wenn vorhanden, unterstütze deinen Landwirt und kaufe direkt vom Hof.
  5. Bioprodukte retten nicht die Welt, doch sie gehen in die richtige Richtung.
  6. Sprich mit deinen Freunden und Bekannten. Du musst sie weder bekehren noch belehren, doch Klimaschutz muss im Alltag und im Bewusstsein ankommen. Wenn du nicht alles selber erklären willst, verweise auf die Klimadialoge.
  7. Schreib deinem Abgeordneten, dass auch unsere Kinder noch einen Planeten brauchen und dafür soll die Bundesregierung gefälligst ihren Job machen.

Klingt nach Umstellung? Hab Mut. Du musst nicht perfekt sein, das muss niemand. Viel wichtiger ist, dass Du Dich in Bewegung setzt. Eine halbe Lösung ist besser als gar keine. Auch Kaffee hat eine durchwachsene Ökobilanz. Dennoch gönne ich mir jetzt eine schöne heiße Tasse davon. Und der Kaffeesatz geht zwar nicht in die Biogasanlage, aber immerhin als Kompost ins Hochbeet.

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