
Eine Schifffahrt die ist lustig, eine Schifffahrt die ist schön … und wie viele andere Dinge auch verursacht sie CO₂. Die meisten Schiffe fahren mit Schweröl oder Dieselöl. Schiffe verursachen knapp 3% unserer Treibhausgase weltweit. Für eine klimaneutrale Welt braucht es also auch hier eine Transformation.
Neben Treibhausgasen birgt die Seefahrt noch weitere Emissionen, unter anderem Schwefel- und Stickoxide oder Geräuschemissionen. Einen Überblick liefert z.B. das Umweltbundesamt. Hinzu kommt eine weitere Emissionsquelle, die erst kürzlich entdeckt wurde. Wenn große Schiffe flache Gewässer oder Häfen befahren, wirbeln die Schiffsschrauben den Boden auf. Dieser enthält oft verrottete Biomasse und durch die Verwirbelungen wird enthaltenes Methan freigesetzt. Hier wird man nochmal genauer hinschauen, zumal der Effekt wohl neun der zehn größten Welthäfen betrifft.
Ähnlich dem Flugverkehr ist auch die Schifffahrt ein internationales Geschäft. Auch hier werden die Emissionen internationaler Fahrten keinem Land zugeordnet. Entsprechend tauchen sie in keiner nationalen Klimabilanz auf. Zuständig für die Emissionen ist die Internationale Seeschifffahrtsorganisation IMO. Immerhin hat die IMO ihre Klimaziele nachgeschärft und will die Seefahrt bis 2050 klimaneutral machen. Zwischenziele sind -30% bis 2030 und -80% bis 2040 jeweils im Vergleich zu 2008. Zusätzlichen Druck gibt es von der EU. Größere Schiffe, die EU-Häfen anlaufen, müssen seit 2024 CO₂-Zertifikate für ihre Emissionen erwerben. Da immerhin die Hälfte aller internationalen Fahrten in der EU starten oder enden, hat dies bereits einen relevanten Effekt und CO₂ neutrale Lösungen werden dadurch attraktiver. Neben Zielen und Zertifikaten braucht es auch die technischen Lösungen. Hier treffen wir auf bekannte Ansätze.
Elektroschiffe
Anders als Flugzeuge, können Schiffe viel Gewicht tragen. Da bleibt Platz für große Batterien. In den letzten Jahren wurden einige Elektroschiffe in Betrieb genommen. Diese verkehren häufig auf festen Routen z.B. im Fährbetrieb. Die größte Elektrofähre ist die HSC China Zorrilla (a.k.a. Incat Hull 096). Sie misst 122 Meter, transportiert 2100 Passagiere und 225 Fahrzeuge über eine Strecke von 200 Kilometern. Die Batterien dafür speichern 40 Megawattstunden und wiegen 250 Tonnen. Klingt riesig? In China fährt die Greenwater 01 mit bis zu 80MWh und 700 Containern auf ihrer Route 1000km den Yangtze entlang. Norwegen baut gerade elektrische Containerschiffe für 850 Standardcontainer. Die Batterien sind mit 100 MWh geplant.
Dennoch hat Elektroantrieb seine Grenzen. Für die großen Ozeanrouten sind Batterien auf absehbare Zeit keine Option. Auch Wasserstoff spielt vorerst keine große Rolle. Insbesondere Transport und Speicherung in so großen Mengen sind nicht effizient.
Ammoniak
Für den Schiffsverkehr kann grüner Ammoniak NH₃ eine Alternative sein. Dieser wird gewonnen aus grünem Wasserstoff und Stickstoff. Ammoniak kann sowohl über Brennstoffzellen also auch in Verbrennermotoren eingesetzt werden. Beides erfordert jedoch eine große Umrüstung der Schiffe. Gleichzeitig wird Ammoniak weltweit benutzt als Grundbaustein in der Düngeindustrie. Daher gibt es für Ammoniak bereits eine gute Infrastruktur und Logistik. Das macht ihn für die Schifffahrt interessant. Erste Schiffe sollen 2026 vom Stapel laufen.
Allerdings ist Ammoniak hochgiftig, was nicht nur bei einer Havarie zum Problem wird. Bei der Verbrennung wiederum können Stickoxide und Lachgas entstehen. Beides will man nicht in die Atmosphäre blasen. Wir erinnern uns: Lachgas ist auch ein Klimagas und etwa 300-mal stärker als CO₂. Auch kleine Mengen Lachgas würden daher die CO₂-Einsparung ad absurdum führen. Entsprechend braucht es saubere Verbrennung und eine verlässliche Abgaskontrolle sowie weitere Schutzmaßnahmen (vgl. MIT Studie).
Methanol
Einfacher wäre der Umstieg auf grünes Methanol. Viele Dual-Fuel-Motoren können heute schon von Diesel auf Methanol umstellen. Auch Methanol ist ein häufiger Grundstoff der chemischen Industrie. Entsprechend gibt es etablierte Prozesse und Produktionsverfahren. Grünes Methanol CH₃0H produziert man aus grünem Wasserstoff und CO₂, z.B. im Projekt Leuna100. Als erstes Methanol-Containerschiff wurde 2023 die Laura Mærsk in Betrieb genommen, immerhin mit einer Kapazität von 2100 Containern.
Insgesamt wäre diese Umstellung verhältnismäßig einfach. Jedoch verbrennt auch Methanol am Ende wieder zu Wasser und CO₂. Nachhaltig ist dies nur, wenn das CO₂ zuvor der Luft oder dem Meer entzogen wurde, entweder über Direct Air Capture oder über Biomasse.
Einen ausführlichen Überblick über die Kraftstoffvarianten liefert diese Greenpeace Studie.
Windkraft
Segelschiffe gibt es seit Jahrtausenden. Zwar wird heute niemand mehr versuchen, einen Ozeanriesen allein durch Segelkraft übers Meer zu bringen, doch als Zusatzantrieb den können Drachensegel den Treibstoffverbrauch signifikant senken. Diese werden wie ein Lenkdrache vor das Schiff gespannt fliegen in bis zu 200 m Höhe und ziehen das Schiff vorwärts.
Alternativ kann man Schiffe mit Flettner Rotoren unterstützen. Das sind senkrecht stehende drehende Zylinder. Durch die aktive Eigenrotation entstehen Luftströmungen, die einen Vortrieb erzeugen. Fußballer kennen dies als Magnus-Effekt mit dem man einen Eckball mit gekrümmter Flugbahn direkt im Tor versenken kann. Weitere Varianten zur Windnutzung auf yacht.de.
Slow Steaming
Ganz einfach umzusetzen und mindestens ebenso wirksam wäre ein Tempolimit, in der Seefahrt Slow Steaming genannt. Durch den hohen Wasserwiderstand hat das Fahrttempo einen großen Einfluss. Würden die Schiffe 20% langsamer fahren, könnte dies 25% der CO₂-Emissionen einsparen. Für weniger zeitkritische Fahrten wird dies auch eingesetzt. Doch wo kämen wir hin, wenn wir eine Woche länger auf unseren nächsten Flachbildschirm warten müssten…
Energiewende
Sehr wirksam reduzieren wir die Emissionen der Schifffahrt übrigens durch eine gute Energiewende an Land. Denn 35% aller gefahrenen Tonnenseemeilen nutzen wir allein für den Transport von Öl/Kohle/Gas. Durch Umstieg auf erneuerbare Energien und Elektrifizierung werden diese Transporte in Zukunft nicht mehr gebraucht und grob 1/3 aller Schiffe kann stillgelegt werden. Doch für meinen Kaffee werden wir auch weiterhin Schiffe auf dem Meer brauchen, gerne auch mit Slow Steaming.
Nachtrag
- PV Magazine über ein Containerschiff mit Solarzellen. Die PV-Module liefern bei gutem Wetter bis zu 25% der benötigten Energie.
Anhang
Die gefahrenen Tonnenmeilen der Schifffahrt für 2022:
Kohle | 8,40% |
Öl | 22,46% |
Gas | 4,01% |
Rest | 65,14% |
Disclaimer: Die Zahlen sind mit leichter Unsicherheit, da die Daten z.B. Gas-Transporte nicht genauer aufschlüsseln.
(https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/globalisierung/52531/seefracht/)