Wir haben über Elektroautos gesprochen. Diese können im Betrieb nahezu klimaneutral fahren. Dennoch verbrauchen alle Autos, auch Elektroautos, viele Rohstoffe. Wenn man 80 kg Mensch (an Weihnachten auch mal 85kg) transportieren will, dann ist es nun mal hochgradig ineffizient, diesen Mensch in 2-3 Tonnen Stahl, Aluminium und Verbundstoffe einzupacken. Das ist etwa so, als wollte man im Bioladen frischen Spargel kaufen, nimmt für den besseren Transport dann aber gleich das Gemüseregal mit, inkl. Kasse, EC-Lesegerät und Kassiererin. Unser derzeitiger Drang zu immer mehr und immer größeren Autos ist ein krasser Widerspruch zu schonendem Ressourcenumgang und nachhaltigem wirtschaften. Kleinere Autos wären da schon mal eine Verbesserung. Die brauchen weniger Rohstoffe, weniger Energie und weniger Platz und rückwirkend waren die 80er nicht nur wegen kuscheliger Autos das bessere Jahrzehnt…
Wie aber sieht die ideale Lösung aus? Die ideale Lösung ist in unserem Autoland ungewohnt. Denn im Idealfall hast Du gar kein eigenes Auto. Mit Bus & Bahn und Fahrrad kann man im Alltag viel erreichen und wenn man doch mal ein Auto benötigt, gibt es Car Sharing oder Taxis. Ja, das klingt ungewohnt, doch für alle, die es vergessen haben: Die ersten 17 Jahre haben wir alle so gelebt.
Eine sehr nette Familie aus München hat das kreativ-pragmatisch umgesetzt. Zuerst haben sie ausgerechnet, was ein Auto jeden Monat tatsächlich kostet. Mit Anschaffung / Wertverlust, Wartung, Ersatzteile, Benzin, Versicherung, Steuern, Reifen, Parkgebühren, Pflege, je nach Fahrstil auch Bußgelder, u.s.w. kommt da einiges zusammen. Die Leasingplattform Vehiculum, sicherlich kein Autogegner, nennt sogar eine Gesamtsumme von 9.387 € pro Jahr und Auto. Ganz so viel war es für unsere Familie in München wohl nicht aber dennoch kamen da einige Euros zusammen.
Die Familie hat ihr Auto abgegeben und stattdessen ein eigenes „Mobilitäts-Konto“ eröffnet. Auf dieses Konto werden jeden Monat die errechneten Autokosten eingezahlt. Alle „Bewegungskosten“ der Familie werden seitdem von diesem Konto bezahlt. Das sind Deutschlandtickets, ausgeliehene E-Scooter, ICE-Tickets, Urlaubsfahrten, Fahrräder und wenn notwendig auch Leihwagen oder Taxifahrten. Das läuft erfolgreich seit mehreren Jahren. Das Konto ist immer im Plus und die Familie stets gut unterwegs. Das spannende daran: Die Kinder studieren mittlerweile in anderen Städten. Das „virtuelle Auto“ der Familie fährt sozusagen gleichzeitig in drei verschiedenen Orten und spart dabei noch Geld. Versuch das mal mit einem SUV.
Selbstverständlich klappt dieser Ansatz nicht für alle Lebensentwürfe. Wer nicht in München, Berlin, Hamburg wohnt, sondern in Katzenhirn (Bayern), Faulebutter (Mecklenburg-Vorpommern), Hundeluft (Sachsen-Anhalt) oder Sorge (Sachsen-Anhalt, direkt neben Elend) (Karte), der will sein Bewegungsprofil vielleicht nicht auf ÖPNV aufbauen. Wobei: Von Sorge nach Elend gibt es alle drei Stunden eine Direktverbindung und ich finde, das beschreibt perfekt die Deutsche Grundeinstellung zu allen neuen Ideen.
Tatsächlich sind Autos oft überbewertet. Den größten Teil ihres Lebens stehen sie nutzlos und teuer in der Gegend rum. Im Schnitt wird ein Auto kaum eine Stunde am Tag benutzt. Eigentlich die besten Voraussetzungen, um weniger Autos zu kaufen, die vorhandenen Autos besser zu teilen und auch mal andere Konzept auszuprobieren. Man könnte auch den Daumen ausstrecken und per Anhalter fahren. Das hat man früher öfter gesehen. Doch Generation „Ich und mein Magnum“ hat dafür wenig übrig.
Vielleicht klappt das besser, wenn Autos in Zukunft autonom fahren können. Dann buche ich beim Anbieter meiner Wahl eine Mobility-Flatrate und lasse mich von Bus, Bahn und autonomen Taxis hinfahren wo ich will – je nach Magnum-Faktor und Klimapräferenz alleine oder in Kleingruppen. Bis dahin wird es noch eine Weile dauern, doch Deutschlandticket und Bahncard 100 sind heute schon billiger als ein Auto und der Chauffeur ist bei beiden inklusive. So hat man auf der Fahrt die Hände frei für einen guten Kommentar unter diesem Text und natürlich einen Kaffee.