
Wir haben bereits über Biodiversität und Flächennutzung durch LULUCF gesprochen. Auch Moore haben wir uns genauer angeschaut. Heute schauen wir auf den Wald.
Geschichte
Früher war Mitteleuropa mit Wald bedeckt. Bis zu 90% der Flächen bestanden aus Wäldern. Besonders Buchenwälder setzten sich durch und drängten über die Jahrhunderte andere Bäume zurück. Dies änderte sich, etwa zu der Zeit als die Römer einen Menschen an ein Holzkreuz nagelten, nur weil er gesagt hatte, „wie phantastisch er sich das vorstelle, wenn die Leute zur Abwechslung mal nett zueinander wären“ (Douglas Adams). Ob es ein Kreuz aus Buchenholz war, ist nicht überliefert.
Mit der sesshaften Besiedelung Mitteleuropas begann der Rückgang der Wälder. Flächen wurden gerodet für Feuerholz, Baumaterial, Bauplätze und Ackerflächen. Im Mittelalter sank der Waldanteil im heutigen Deutschland auf 20%. Ärgert ihr euch manchmal über die rücksichtslose Abholzung des Regenwaldes? Das könnte in Deutschland nicht mehr passieren! Dafür haben wir nicht genug Wald übrig gelassen, außer ein paar Hektar vom Hambacher Forst.
Als die Bestände noch weiter sanken, begann ein Umdenken. Man züchtete Bäume gezielt und 1713 entstand das Konzept der nachhaltigen Forstwirtschaft. Seitdem sind unsere Waldbestände wieder gewachsen und bedecken heute ⅓ unseres Landes. Schon einmal haben wir es also geschafft wegen begrenzter Ressourcen unser Handeln zu verändern. Das lässt hoffen, dass es auch diesmal klappt.
Mit der Forstwirtschaft veränderte sich der Wald. Waren es früher naturnahe Buchenwälder, trifft man heute oft Kiefern (23%) und Fichten (25%), angepflanzt in Reih und Glied als Monokulturen. Der Wald ist für die Waldernte optimiert. Buche (16%) und Eiche (10%) sind im Vergleich dazu selten geworden.
Holzernte
Während man Kiefern und Fichten nach „nur“ 80 Jahren als Bauholz fällen kann, brauchen Buchen und Eichen gerne 120-300 Jahre als Umtriebszeit. Das erklärt das Interesse an Nadelhölzern. In jedem Fall braucht man für nachhaltige Holzernte einen langen Atem. Etwas schneller geht es mit Pappeln oder Bambus. Beide wachsen schnell und eignen sich für verschiedene Einsatzzwecke, nicht nur im Gerüstbau.
Weniger bekannt und doch sehr gutes Baumaterial liefert der Kiri-Baum. Er wächst extrem schnell, bis zu 4 Meter im Jahr, kann schon nach 18-20 Jahren als Bauholz geerntet werden. Auf entsprechenden Kiri-Plantagen kann man so in wenig Zeit viel Holz ernten. Mit natürlichem Wald haben diese Plantagen jedoch etwa so viel zu tun wie ein Weizenfeld mit einem Hochmoor.
CO2-Speicher
Gute Wälder sind große CO2-Speicher. Dies entsteht durch
- Wachstum der Bäume / Holzaufbau
- Humusbildung und damit Kohlenstoffeinlagerung im Boden durch Herbstlaub etc.
- Totholz, das im Wald verbleibt
- Abtransport von Bauholz
- Gleichzeitig gibt der Wald Methan und CO2 ab durch Verrottungsprozesse.
Offensichtlich überschneiden sich die einzelnen Punkte. Jede Tonne Holz hat für ihr Wachstum 1,8t CO2 verbraucht. Wird das Holz später in Möbeln, Häusern oder Carports verbaut, bleibt das CO2 über Jahrzehnte/Jahrhunderte gespeichert. Dies macht Bauen mit Holz besonders nachhaltig. Dies gilt natürlich nur, wenn wir in gleichem Maße auch neue Bäume aufforsten. Verfeuert man das Holz stattdessen in Kamin oder Pellet-Heizungen, ist der Speichereffekt in wenigen Stunden verpufft.
Abhängig von Art und Baumalter nehmen gesunde Wälder pro Jahr und Hektar im Schnitt 10t CO2 auf (je nach Quelle variieren die Zahlen zwischen 4 und 14 Tonnen). In Medien oder Politiker-Reden gehen dabei gerne zwei Dinge durcheinander. In einem existierenden alten Wald sind bereits große Mengen CO2 absorbiert. Allein der deutsche Wald hat über 8700 Megatonnen CO2 gebunden und eingelagert. Zusätzlich kann ein gesunder Wald CO2 jedes Jahr neu aufnehmen. Im Jahr 2021 waren das in Deutschland netto 52 Megatonnen.
Gerne verwechseln Politiker diese beiden Zahlen in ihren Berechnungen, insbesondere, wenn sie öfter auch als Foodblogger auftreten. Die rechnen einem dann vor, unser Wald speichert 8,7Gt CO2. Wir bräuchten also nur 5% aufforsten und hätten damit unsere Emissionen für das Jahr kompensiert. Leider nicht ganz. In dieser Rechnung müssten wir 5% Aufforsten, dann 200 Jahre warten, bis der Wald den Kohlenstoff auch gespeichert hat und das jedes Jahr. Jedes Jahr 200 Jahre warten klappt aber nur mit Fluxskompensator oder in der Warteschleife der Telekom-Hotline. Auch wäre nach 20 Jahren damit komplett Deutschland von Wäldern bedeckt. Ganz Deutschland? Nein, in einem kleinen bayerischen Dorf würde immer noch jemand sitzen, eine Weißwurst in die Kamera halten und sich wundern, wo der schöne Wald geblieben ist, den er vor lauter Bäumen nicht mehr sehen kann.
Gleichzeitig speichert Wald Wasser, schützt den Boden vor Erosion, bietet Lebensraum für Pflanzen und Tiere, verbessert die Luftqualität, bremst Stürme ab, sieht dabei sehr gut aus und bietet nicht nur Kindern Versteck und Abenteuer. Das sind mehr als genug Gründe, Wald zu erhalten.
Waldzustand
Doch unserem Wald geht es nicht gut. Gerade Fichten und Kiefern leiden stark unter den Dürren und dem Klimawandel. Auch Buchen sind nur mäßig für das kommende Klima geeignet. Durch Hitzestress verlichten sich die Baumkronen, die Bäume werden anfällig für Schädlingsbefall wie Borkenkäfer oder Pilze. 80% unserer Bäume sind bereits geschädigt. Das Wachstum verlangsamt sich, viele Bäume sterben ab.
Wie eine Moorlandschaft kann auch der Wald das Klima nur schützen, so lange er gesund ist. Nach letzten Untersuchungen setzt unser Wald mittlerweile mehr CO2 frei, als durch Pflanzenwachstum aufgenommen werden kann. Die massiven Waldschäden haben unsere wichtigste CO2-Senke in eine CO2-Quelle gewandelt.
Für Klimaneutralität sind wir auf gute Kohlenstoffsenken angewiesen. Auch für unseren Wasserhaushalt ist gesunder Wald unerlässlich. Seit Jahren arbeitet die Forstwirtschaft daher daran, unseren Wald klimafest zu machen. Doch das ist schwierig, denn Bäume sollen über hundert Jahre wachsen und es ist unklar, wie schlimm der Klimawandel noch wird. Sollte der Golfstrom abreißen, als einer der Kipppunkte, würde es bei uns nicht heißer, sondern schlagartig kälter. Entsprechend bräuchten wir auch andere Bäume. Für den Umbau des Waldes setzt man daher auf Mischwälder mit vielen unterschiedlichen Baum- und Pflanzenarten. Sollten einige dem zukünftigen Klima nicht gewachsen sein, hat dies geringere Auswirkung als in den aktuellen Kiefer-Monokulturen.
Besonderes Augenmerk gilt dabei auch dem Humusaufbau und der Biodiversität. Hat man früher Totholz stets aus dem Wald abtransportiert, so verbleiben heute größere Mengen im Wald und tragen so zum Kreislauf für Nährstoffe und Bodenbildung bei. Gleichzeitig ist das Totholz Lebensraum für unzählige Insekten und Kleintiere. Ob es gelingt, einen klimafesten gesunden Wald aufzubauen, bleibt abzuwarten. Ich hoffe es sehr, denn ein gesunder Wald ist nicht alles, doch ohne gesunden Wald wird das alles nichts.
Mit Holz zu heizen ist nicht klimaneutral.
https://www.facebook.com/SoliKlick.de/posts/pfbid02qeyvp7ocpctw2vgkTxZ7vSW6gyvP57niDSPauLPUJYVftb1dfc6ncgh7sEH58HsAl
Es gibt viele gute Gründe, Holz nicht zu verheizen. Unter dem Link werden einige davon genannt.
Wenn (ohnehin vorhandene) Holzreste „thermisch zu verwerten“ sind, dann in Biogas- oder Pyrolyseanlagen. Diese haben einen besseren Wirkungsgrad und die Möglichkeit, CO2-negativ zu arbeiten (https://klimadialoge.de/pyrolyse).