
LULUCF, lies Lu-Lu-C-F, steht für Land Use, Land Use Change & Forestry. Das ist Beamten-Englisch für Land(aus)nutzung. Bevor der Mensch sich auf dem Planeten breit gemacht hat, war ganz viel Land durch Pflanzen bedeckt, bevorzugt durch dichte Wälder oder saftige Wiesen, auf denen friedlich Einhörner grasten und wo Kobolde Verstecken spielten. Dann kamen die Säbelzahntiger und es gab keine Einhörner und Kobolde mehr. Oder so ähnlich.
Mit Mensch und Zivilisation kam der Landverbrauch. Erst wurden Pyramiden gebaut, dann Häuser und Schiffe, später Fußballstadien. Wälder wurden gerodet, Straßen betoniert, Felder und Plantagen angelegt. Kurzum, immer mehr Flächen wurden der Natur entrissen. Zwar hat Deutschland auch heute noch viel Waldfläche, dies ist jedoch mehr oder weniger intensiv bewirtschafteter Forstwald. Das hat dann mit unberührter Natur etwa so viel zu tun wie ein Maisfeld mit Wildwiese. Weniger als 3% unserer Waldflächen sind natürliche Wälder. Und da sind die letzten 200 Hektar vom Hambacher Forst schon mit eingerechnet.
Im Bereich LULUCF betrachtet man nun, welche Auswirkung diese Veränderung auf den Kohlenstoff-Kreislauf hat. Wenn ich einen Wald rode und verbrenne, wird CO₂ freigesetzt, das fortan unsere Welt aufheizt. Wenn ich die Bäume jedoch nicht verbrenne, sondern damit eine schöne Blockhütte, ein nachhaltiges Hochhaus oder auch nur schöne Schränke baue, dann wird das CO₂ nicht freigesetzt, sondern bleibt im Holz gespeichert. Doch auch das hat Auswirkungen. Zwar entsteht kein direktes CO₂, jedoch ein Wald ist verschwunden. Wie wird die alte Waldfläche jetzt verwendet?
Ein gesunder Wald speichert CO₂ nicht nur in Baumstämmen und anderen Pflanzenteilen. Jedes Jahr fallen die Blätter zu Boden. Fleißige Regenwürmer ziehen sie unter die Erde, wo sie von Mikroorganismen zersetzt werden. Ein Teil des CO₂ wird dabei wieder freigesetzt. Ein anderer Teil bleibt im Boden gespeichert als wertvoller Humus. So ist ein gesunder Wald eine große CO₂-Senke, die der Luft über Jahrhunderte Kohlenstoff entzieht.
Tatsächlich sind Kohle, Öl und Erdgas überwiegend aus solchen alten Wäldern entstanden. Immer mehr Biomasse hat sich im Boden abgelagert, neue Bäume sind auf dem alten Humus gewachsen und wurden schließlich selbst zu Humus. Immer mehr Schichten lagerten sich ab, pressten den Humus zusammen und zerdrückten ihn letztendlich zu Kohle oder Öl. Das dauert dann etwas mehr als nur Jahrhunderte. (Alle Geologen mögen mir die dilettantisch vereinfachte Darstellung hier verzeihen.)
Wenn ich den fröhlich abgeholzten Wald jetzt durch ein Weizenfeld ersetze, reicht das zwar noch für ein paar Hasen und eine Handvoll Rehe. Der Boden eines Weizenfeldes speichert jedoch wenig neues CO₂. Wie auch, die meiste Biomasse wird ja geerntet und an anderer Stelle verarbeitet. Durch intensiv Landwirtschaft wird im Boden sogar jedes Jahr Humus abgebaut und dem Boden damit Kohlenstoff entzogen. Gleichzeitig wird der Boden durch zu schwere Maschinen verdichtet. Das Ergebnis ist jedes Jahr schlechterer Boden, der weniger Wasser speichert sowie noch mehr Bedarf an Düngern mit zusätzlichen Emissionen durch Stickstoff-Überschuss und Haber-Bosch-Verfahren in der Vorkette.
Wenn ich den Wald durch eine Autobahn oder eine Hochhaussiedlung ersetze, sieht es noch düsterer aus. Der Mutterboden wird abgetragen und durch Fundamente und Keller ersetzt. Die Fläche wird versiegelt und kann zukünftig weder Kohlenstoff noch Wasser speichern. Das Ergebnis ist jede Menge Regenwasser, das die lokale Kläranlage überflutet und über Pumpen und benachbarte Flüsse ins Meer verschwindet. Gleichzeitig versickert kein Regenwasser mehr. Das Grundwasser wird knapp, während die Bäume im kargen Restwald mehr und mehr verdorren. Als Ergebnis hat man eine neue Hochaussiedlung mit Autobahn-Anschluss sowie einen vertrockneten Stadtwald. Nur ein paar Investoren freuen sich: „Schau mal, mit dem Wald ist nichts mehr los. Da sollten wir noch ein Hochhaus hinbauen.“
Gemeinsam mit den bereits bekannten Emissionen der Landwirtschaft verteilen ergibt das diese Verteilung:
(Quelle Mooratlas 2023, Seite 31)
Wälder abholzen ist selten gut. Gleichzeitig wollen wir alle ein Dach überm Kopf und regelmäßig Essen auf dem Teller. Für beides brauchen wir Flächen, und die sind knapp. Ihr erinnert euch an die Karte von Christian Victor. Mit diesem Platz müssen wir haushalten. Entsprechend lautet unsere
Zielsetzung für LULUCF und Landwirtschaft
- Produziere genug Lebensmittel, um alle Menschen ausgewogen zu ernähren.
- Minimiere dabei die direkten Emissionen, insbesondere von Methan und Lachgas.
- Minimiere die Emissionen in der Vorkette, insbesondere der Düngemittelindustrie.
- Sei sparsam mit dem Flächenverbrauch.
- Nutze die Flächen so, dass im Boden Kohlenstoff angereichert und Humus gebildet wird.
- Bewahre natürliche Lebensräume für Pflanzen und Tiere zu Stärkung der Biodiversität.
Für eine Lösung auf einem Bierdeckel wird das schon eng. Wir werden sehen. Welcher Boden speichert eigentlich am meisten Kohlenstoff? Das schauen wir uns am nächsten Sonntag an. Wieder nach einer schönen Tasse Kaffee.
Gut, dein Beitrag zu unseren Wäldern bzw. Forsten oder gar Holzplantagen, Holger.
Aktuell wird leider auch in Forstkreisen die Mär verbreitet, dass es selbst Eichen- und Buchenwälder „nicht mehr drauf“ hätten und kollabierten und gar von einer CO2-Senke zur CO2-Quelle würden. Das passiert jedoch nur dann, wenn diese Wälder heiß geschlagen sprich zu sehr aufgelichtet werden. Das macht man nicht nur zu Zwecken der direkten Holznutzung, sondern auch weil man denkt, dass dadurch der Nachwuchs eine größere Chance hätten, hochzukommen. (Der Waldbauer vergisst die Lehre vom erzieherischen Schatten) Leider werden Laubbäume wie die Buche oder Eiche u.a. oft schon als krank bezeichnet, wenn sie, um Wasser zu sparen und somit sich selbst in Zeiten der Trockenheit und Hitze zu schützen, einen Teil des Laubs in ihren hohen Kronen vorzeitig abwerfen. Nicht selten werden sie dann aber gefällt.
Dass es „unsere“ Buchenwälder sehr wohl noch drauf haben, wenn Mensch sie nicht ständig plündert und/oder gar mit schwerem Gerät den wertvollen Waldboden auf Dauer verdichtet, zeigen uns die Buchenwälder in der Eifel bei Wershofen, oder die im Kellerwald oder im Hainichen u.a.. Die haben komischerweise keine Probleme und sind auch noch CO2-Senken, keine CO2-Quellen wie dort, wo die Wälder zu intensiv genutzt wird.
Also, bitte lasst die Wälder einfach mal mehr in Ruhe! (Zumal über 50 % des Holzes einfach nur verbrannt wird, was weiter zur Erderwärmung beiträgt und den Feinstaubanteil in unserer Atemluft erhöht.)
Vielen Dank.
Bezüglich CO2 kenne ich in erster Linie den Waldzustandsbericht von 2024. Danach sind unsere Wälder heute bereits im Durchschnitt CO2-Quellen statt -Senken. Dies kann auch durch falsche Bewirtschaftung entstehen.
Bei Buchen und Eichen kenne ich in erster Linie die Aussage, dass diese die zu erwartenden Klimaänderungen nicht aushalten werden. Gibt es da zu den Eifelwäldern genauere Prognosen?
Wälder mehr in Ruhe lassen finde ich gut. Durch das EU-Renaturierungsgesetz sollen jetzt immerhin 30% der Flächen renaturiert werden.
Bezüglich Heizen werden leider immer noch Pellet-Heizungen als nachhaltig beworben. Gerade wieder auf einem Schweizer Portal gesehen. Sehr schade.