
Diese Woche durchlebte Deutschland eine Hitzewelle. In weiten Teilen des Landes kletterte das Thermometer auf 36°-38°. Spitzenreiter wurde Andernach mit gemessenen 39,3°. Fandet ihr den Mittwoch auch sehr warm? Leider werden diese Temperaturen unser neues Normal.
Seit Beginn der Industrialisierung haben wir die Temperatur auf unserem Planeten um 1,5° erhöht – weltweit, im Durchschnitt. Damit werden Hitzewellen, wie diese Woche, immer häufiger und zukünftig auch noch heißer. In Berlin bekommen wir zukünftig Temperaturen, wie bisher in Rom. Rom nähert sich den Temperaturen von Kairo, und Kairo… Es wird heiß.
Schaut man jedoch in die Asozialen Medien, überbieten sich die User dort mit unsachlichen und verharmlosenden Kommentaren. „Endlich Sommer“ zählt da noch zu den harmlosen Varianten. Besonders beliebt war: „Bei dem Wetter hatten wir früher Bundesjugendspiele.“ Das ist unwahrscheinlich. Zum einen, weil es auch früher schon Hitzefrei gab und zwar ab Temperaturen von 25° am Vormittag. Zum anderen aber, weil so hohe Temperaturen in Deutschland früher selten bis gar nicht vorkamen.
Der Begriff Hitzewelle ist übrigens nicht neu, sondern klar definiert: Ein Hitzetag sind Tage über 30°, eine Hitzewelle sind mindestens drei Hitzetage hintereinander und eine Tropennacht liegt vor, wenn die Temperatur nachts über 20° bleibt. Die Begriffe sind alt, neu ist die Häufigkeit, in der sie auftreten.
Auf Statista findet man eine Liste der bisherigen Höchsttemperaturen ab 40°. Erstmalig wurden die 40° im Jahr 1983 überschritten in Gärmersdorf. Danach dauerte es 20 Jahre, bis diese Marke 2003 wieder erreicht wurde in. Danach folgten 2015 und Juli 2019 als gleich 23 Messstation neue Spitzenwerte lieferten sowie den Allzeitrekord von 41,2°C in Tönisvorst und Duisburg-Baerl. Zuletzt schafften wir die 40er Marke 2022. Die Abstände zwischen diesen Rekordmarken werden kürzer. Bleibt abzuwarten, ob wir dieses Jahr einen neuen Rekord erleben. Der Juli ist noch lang.
Wie ist das Wetter heute? Ist das noch normal oder schon extrem? Diese Frage beantwortet Quarks.de. Auf ihrer Seite Ist das noch Wetter oder schon Klimawandel? siehst Du für deine Stadt tagesaktuell, ob das Wetter im Durchschnitt liegt oder wieder einmal weit außerhalb.
War das früher auch schon so? Diese Frage beantwortet das Klimadashboard und vergleicht jeweils frei wählbar ein Jahr mit einem Referenzzeitraum. Auch sonst zeigt diese Seite viele Zahlen, Daten, Fakten für deine Region. Vorbeischauen lohnt sich.
Neben den Spitzentemperaturen steigen auch die Durchschnittswerte weiter an. Ausführliche Daten dazu z.B. bei Kachelmannwetter.de. Sad Fact: Deutschland erwärmt sich schneller als gedacht. Bisher sprach der Deutsche Wetterdienst von +1,9° seit 1881. Diese Rechnung wurde jetzt nach oben korrigiert auf +2,5°. Beunruhigender als die neue Zahl ist die Begründung:
„Mit der beschleunigten Erwärmung der Temperaturen in Deutschland und global seit Beginn der 1970er Jahre ist die bisherige lineare Trendanalyse zunehmend nicht mehr fähig, die Temperaturentwicklung adäquat zu dokumentieren. Dies trifft insbesondere für die vergangenen zehn Jahre zu.“ (Quelle)
Statt linearer Trends wird jetzt eine LOESS-Trendlinie verwendet. Diese bildet auch nichtlineare Wachstumsraten ab und sie zeigt steil nach oben. Ein Ende ist bisher nicht abzusehen, siehe Darstellung vom Umweltbundesamt.
Ähnliches beobachten Klimaforscher auch in anderen Ländern. Die bisherigen Prognosen waren wohl zu konservativ. Setzen sich die aktuellen Trends fort, kommt der Klimawandel heftiger und schlimmer als bisher angenommen. Hoffen wir, dass sich diese Vermutungen nicht bestätigen. Hoffen wir, dass wir die Transformation schnell genug schaffen, um die Kurve einzufangen. Mit unserer aktuellen Regierung und der Kampforange aus Übersee ist das mehr als fraglich.
Wer immer noch glaubt, die Temperaturen dieser Woche wären „gutes Wetter“, der hat vermutlich einen Bürojob mit Klimaanlage. Dann empfehle ich für die Sommerferien ein Praktikum als Dachdecker oder im Straßenbau. Wenn dann um 16:00 Uhr die Überstunden beginnen, können wir nochmal diskutieren, wie gut das Wetter ist.
Merke: Wenn Politiker der Wissenschaft widersprechen, höre auf die Wissenschaft. Wissenschaft richtet sich nicht nach Meinung oder Mehrheit sondern nach Wahrheit. Wahrheit ändert sich nicht, nur weil sie uns nicht gefällt und wir sie ignorieren. Deshalb bleibt die Wissenschaft auch länger im Amt als Politiker.
Sprich mit deinen Politikern. Auf Abgeordnetenwatch.de kannst Du deine Fragen loswerden. Z.B. an unseren Bundesumweltminister Carsten Schneider. Wichtiger noch sind deine Fragen an die Bundesministerin für Wirtschaft und Energie Katherine Reiche. Fragt sie doch mal, warum sie unbedingt weitere Gaskraftwerke bauen und nach den Sommerferien zwei Bohrgenehmigungen für Erdgas im Wattenmeer erteilen will. Auf Abgeordnetenwatch ist sie leider nicht vertreten. Sicher, weil sie sich so sehr für die Anliegen der Bürgerinnen interessiert. Ich brauche jetzt einen Kaffee.