Wärmewende

Wenn es kalt ist, macht der Mensch Feuer an, so ist das seit 790.000 Jahren. Auch heute heizt Mensch seine Wohnung überwiegend mit Feuer. Teilweise flackert es offen im Kaminofen, häufiger brennt es unauffällig im Keller. Öl- und Gasflammen heizen heute 73% unserer Gebäude, weitere 4% heizen mit Holz. Unsere Heizungen pusten jedes Jahr 147 Mio. Tonnen CO₂ in die Luft. Das sind rund 19% der deutschen Emissionen insgesamt. Hinzu kommen noch Warmwasser (3,6%) sowie Kochen, Backen, Spülen, Wäsche (1,7%), doch Heizen stellt den Löwenanteil unseres privaten Wärmebedarfs (vgl. Umweltbundesamt).

Dies macht unsere Heizungen zu einem großen Hebel im Kampf gegen die Erderwärmung. Für die Einhaltung der Klimagrenzen brauchen wir eine Wärmewende.

Hypothetisch könnten wir dafür alle Öl- und Gasheizungen durch Tauchsieder ersetzen. Statt auf offener Flamme heizen wir unser Wasser elektrisch, und der Strom dafür kommt aus erneuerbaren Energien. Problem gelöst? Ganz so leicht geht es nicht. Unser Strombedarf würde sich dadurch im Winter etwa vervierfachen. Das Ergebnis wären keine warmen Häuser, sondern überlastete Stromnetze und Blackouts.  Das geht besser.

Wärmepumpe

Witzigerweise wissen wir wohl, wie willig Wärmepumpen wundersam – weil Wärmewendes wichtigste Wunderwaffe – wohlig wirksam Wasser wärmen. Wir erinnern uns. Wärmepumpen arbeiten wie ein auf links gezogener Kühlschrank. Sie nutzen die Wärme der Außenluft  und pumpen diese ins Haus. Außen wird es etwas kühler und drinnen dafür kuschelig warm.  Je nach Installation und Aufbau können diese Wärmewunder aus einer Kilowattstunde Strom drei bis sechs Kilowattstunden Wärme liefern.

Dämmen und sanieren

Zusätzlich können wir unseren Heizbedarf drastisch senken und dadurch gleichzeitig gemütlicher wohnen. Alte Häuser mit alten Fenstern und ohne Dämmung können die Heizwärme nicht halten. Kaum jemand wird im Winter freiwillig im T-Shirt spazieren gehen. Instinktiv ziehen wir den Pulli und die dicke Jacke an. Schließlich wollen wir unsere Köperwärme bei uns halten. Doch unsere Häuser lassen wir zitternd in der Kälte stehen. Das Ergebnis sind nicht nur horrende Heizkosten, sondern auch verstärkte Zugluft und das chronische Gefühl kalter Füße am Essenstisch.

Auch Häuser kann man warm anziehen. Dreifachverglaste Isolierfenster sowie gedämmte Wände, Dach und Kellerdecken halten die Wärme im Haus. Je nach Ausgangslage, lassen sich durch fachgerechte Sanierung bis zu 87% Heizkosten einsparen – jedes Jahr. Zwar kostet eine umfassende Sanierung zunächst viel Geld, doch der Spareffekt ist dafür dauerhaft. Über die Jahre zahlt sich die Investition mehr als aus. Auch der Wiederverkaufswert der Immobilie steigt und ganz nebenbei liefert das gedämmte Haus ein besseres Wohngefühl ohne Zugluft und mit warmen Füßen.

Viele Kommunen bieten hier gute Energieberatungen an. Für den schnellen Start (und ersten Preisschock) gibt es im Netz Sanierungsrechner von einfach bis umfangreich. Sanierung ist ein größeres Projekt, doch es lohnt sich.

Wärmenetze

Wärmepumpen funktionieren im Prinzip überall. Doch nicht immer ist die eigene Wärmepumpe die effizienteste Möglichkeit. Bei kleinen Reihenhäusern können einzelne Wärmepumpen vor jedem Haus unnötig teuer sein. Warum nicht gemeinsam eine größere Wärmepumpe nutzen, die alle Häuser der Reihe auf einmal versorgt? So teilt man sich die Kosten für Pumpe, Außeneinheit, Warmwasserspeicher, Pufferspeicher, etc. Auch kann die Gemeinschaftspumpe effizienter arbeiten, weil sich der Wärmebedarf gleichmäßiger verteilt. Während im Haus A heiß geduscht wird, ist Haus B schon auf der Arbeit und hat die Heizung gedrosselt. Auch kann die größere Pumpe vielleicht bessere Wärmequellen anzapfen, z.B. das Grundwasser durch eine Erdsonde, den Fluss vor Ort oder die Abwärme aus einem nahe gelegenen Industriebetrieb.

Das ist die Idee von Wärmenetzen. Nutze vorhandene Wärmequellen und/oder größere Wärmeanlagen und versorge damit ganze Häuserblöcke, Quartiere oder Stadtviertel. Wenig überraschend kosten solche Wärmenetze im Aufbau viel Geld und sie funktionieren am besten, wenn möglichst viele Anwohner mitmachen.  Leider haben wir unserer Gesellschaft das Teilen aktiv abgewöhnt, nicht nur durch die Kinowerbung. Doch das ist eine andere Geschichte.

Wärmeplanung

Baue ich also eine Wärmepumpe ein, oder plant die Stadt ein Wärmenetz in meiner Straße?  Wäre doch schade, wenn ich gerade eine tolle Wärmepumpe in den Keller installiere und kurz darauf schreibt mir die Stadt, dass meine Straße übernächstes Jahr ans Wärmenetz angeschlossen wird. Dafür gibt es das Wärmeplanungsgesetz (WPG). Dieses schreibt vor, jede Kommune muss eine eigene Wärmeplanung vorlegen. Darin beschreibt die Kommune, welche Wärmenetze geplant werden und welche Alternativen die Gebiete ohne Wärmenetz haben. Großstädte ab 100.000 Einwohner müssen diese bis Juni 2026 vorlegen, alle anderen Kommunen bis Juni 2028.  Wer so lange nicht warten möchte, schreibt heute seiner Stadtverwaltung oder geht zu den öffentlichen Stadtratssitzungen und fragt nach, wie denn der aktuelle Stand ist.

Die eigene Kommune wirkt bei dem Thema noch überfordert oder überrascht? Dann gibt es jetzt ein tolles Tool von GermanZero. Mit dem Wärmeguide kannst Du schauen, welche Besonderheiten deine Kommune hat und wie die Wärmewende in deiner Gemeinde aussehen kann. Das Programm berücksichtigt die Daten aus dem aktuellen Gebäude Zensus und weitere Quellen und errechnet daraus ein mögliches Zukunftsbild – speziell für deine Stadt, klimaneutral und natürlich kuschelig warm, am liebsten mit einer schönen Tasse Kaffee.

P.S.: Du denkst über eine Wärmepumpe nach? Dann komm zum Tag des offenen Heizungskellers, diesen Samstag überall in Deutschland – auch bei den Klimadialogen in Darmstadt.

 

Jetzt Newsletter abonnieren

Klima ist wichtig? Dann trage dich hier ein und erhalte jeden Sonntag den neuesten Text per E-Mail...

Tut gut, ist kostenfrei und jederzeit kündbar

Jetzt Newsletter abonnieren

Klima ist wichtig? Dann trage dich hier ein und erhalte jeden Sonntag den neuesten Text per E-Mail...

Tut gut, ist kostenfrei und jederzeit kündbar

3 Gedanken zu „Wärmewende

  1. Vielen Dank für diesen hervorragenden Beitrag – fundiert, klar strukturiert und dennoch ausgesprochen lesenswert.

    Die historische Einordnung, dass wir seit 790.000 Jahren mit Feuer heizen, macht eindrucksvoll bewusst, wie tief verwurzelt dieser Energiepfad ist – und wie groß die Herausforderung, ihn jetzt zu verlassen. Gleichzeitig überzeugen die Zahlen des Umweltbundesamts: 19 % der deutschen Emissionen allein durch Raumwärme sind ein mächtiger Hebel für den Klimaschutz.

    Besonders wertvoll finde ich die nüchterne Analyse der vermeintlich einfachen Lösung „alles elektrisch“. Die Warnung vor einer Vervierfachung des Winterstrombedarfs und möglichen Blackouts zeigt, dass eine echte Wärmewende Systemdenken erfordert – und genau das lieferst du: Wärmepumpen mit hoher Effizienz, intelligente Sanierung mit bis zu 87 % Einsparpotenzial und skalierbare Wärmenetze als sinnvolle Ergänzung.

    Die Verknüpfung von technischen Lösungen mit konkreten Handlungsoptionen – von der kommunalen Wärmeplanung über den Wärmeguide von GermanZero bis hin zum Tag des offenen Heizungskellers – macht den Text zu einem echten Werkzeugkasten. Man spürt: Hier schreibt jemand, der nicht nur informieren, sondern tatsächlich befähigen will.

    Ein Beitrag, der komplexe Zusammenhänge verständlich macht, ohne zu vereinfachen, und der Mut macht, selbst aktiv zu werden. Das ist genau die Art von Aufklärung, die wir jetzt brauchen. Herzlichen Dank dafür – ich werde ihn gerne weiterempfehlen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert