
In den vergangenen Wochen haben wir angeschaut, wie die Energiewende, vor allem die Stromwende, funktionieren kann. Alles behalten? Das Gesamtkonzept ist erstaunlich gradlinig und passt auf einen Bierdeckel. Wo immer es möglich ist, ersetzten wir fossile Verbrenner-Technologie durch elektrische Lösungen. Dies betrifft vor allem E-Autos, ÖPNV und Wärmepumpen. Dadurch benötigen wir mehr Strom. Da elektrische Lösungen jedoch effizienter sind, sinkt insgesamt unser Bedarf an Primärenergie. Insbesondere funktioniert elektrisch oft besser als Bio-Sprit oder E-Fuels.
Durch Ausbau von Wind- und Solarenergie decken wir etwa 80% dieses Strombedarfs in Echtzeit. Platz genug haben wir. Da diese Energiequellen stark wetterfühlig sind, ergänzen wir sie durch kleine und große Batteriespeicher und glätten so das Stromangebot. Zusätzlich zeigen wir uns beim Stromverbrauch etwas flexibel und steuern große Stromabnehmer über dynamische Stromtarife, Stichwort Demand Side Management. Wenn E-Autos sowieso die ganze Nacht in der Garage stehen, können sie den Strom dann nachladen, wenn er besonders günstig ist, z.B. weil morgens um 3:00 Uhr eine Sturmböe über Brandenburg fegt. Für den regionalen und überregionalen Austausch sorgen stärker ausgebaute Stromnetze sowie ein funktionierender europäischer Stromhandel.
Mit Wind-, Solar, Wasserkraft, Stromspeichern und Stromhandel decken wir 95% unseres Strombedarfs aus erneuerbaren Energien. Die verbleibenden 5% liefern flexible Gaskraftwerke als Backup bzw. Netzreserve. Hier kommt weiterhin Erdgas zum Einsatz. Längerfristig wären auch Biomasse oder grüner/weißer Wasserstoff denkbar. Das wird aber noch etwas dauern, denn grüner und weißer Wasserstoff sind Mangelware und alle anderen Farben taugen nichts, zumindest nicht bei Wasserstoff. Und nein, Atomkraft ist weiterhin keine Lösung, auch und erst recht nicht als Backup (Umfassend recherchiert und zusammengestellt hat das aktuell die die Ariadne-Gruppe in ihrem neuen Report Energiewende kosteneffizient gestalten – Szenarien zur Klimaneutralität 2045).
Ein paar Emissionen werden für unseren Strommix also übrig bleiben. Da wir jedoch heute schon zu viel CO2 in der Luft haben, müssen wir alle verbleibenden Emissionen dauerhaft ausgleichen durch Negativemissionen oder CO2-Senken. Dafür kennen wir bereits die Pyrolyse, bei der Bio-Kohle als Dünger auf die Felder ausgebracht wird und so den Kohlenstoff für viele Jahrhunderte dem Kreislauf entzieht.
Dies bringt uns zum nächsten großen Sektor. Ich wurde gebeten, auch zu Ernährung und Landwirtschaft zu schreiben. Mach ich gerne, doch hier wird es mitunter unübersichtlich. Dies nicht zuletzt, weil meine bisherigen Erfahrungen mit Landwirtschaft ausschließlich aus Ferien auf dem Bauernhof stammen. Da scheiterten wir dann schon an der Stelle
Kind: „Kälbchen sind süß.“
Papa: „Meinst Du das Aussehen oder den Geschmack?“
Kinder: „WAS?“
Papa: „Was?“
Neben ethischen Fragen, ist man sich schon bei den Emissionszahlen von Landwirtschaft nicht immer einig. Wenn ein Diesel-Trecker übers Feld fährt, sind dessen Emissionen dann Landwirtschaft, Industrie, Energie oder Verkehr? Wenn ich dieses Stück Regenwald hier nicht abholze, habe ich dann Emissionen gespart, also negative Emissionen und darf dafür in Saudi-Arabien weiter Erdöl fördern? Nicht lachen, auf den Weltklimakonferenzen sind das reale Diskussionspunkte.
In den letzten Wochen konnte ich mich intensiver mit Landwirtschaft und anhängenden Bereichen beschäftigen. Das reicht nicht für ein umfassendes Wissen, jedoch bereits für einige spannende Erkenntnisse. Wie hängen Mittagsschnitzel und Klima zusammen? Wie viele Hühner sind ein Großvieh? Müssen wir alle Veganer werden? Wenn ja, von welchen Kuhfladen ernähren sich zukünftig Fliegen? Woher bekommen wir unseren Dünger? Was sind Leguminosen und warum sind die gemein zu sich selbst aber nett zu Rhizobien? Wer oder was ist LULUCF? Warum brauchen wir neue Moorleichen? Aus welchem Land stammt die Paludi-Kultur? Warum sind Gurken nicht krumm? Alles relevante Fragen. In den nächsten Texten versuche ich wieder eine paar Antworten.
Macht ihr mit? Was sind eure Themen? Welche Fragen habt ihr? Oder wollt ihr noch mehr über Strom wissen? Schreibt es in die Kommentare.