
Strompreise sind seltsam. Alle sagen, sie sind zu hoch. Gleichzeitig beschwert man sich, wenn die Preise besonders niedrig, sprich negativ, werden. Seltsame Sache. Tatsächlich sind Strompreise ein zweischneidiges Schwert. Investitionen in Solaranlagen und Windräder rechnen sich kaum, wenn die Strompreise zu niedrig sind. Warum sollte ich mir eine PV-Anlage aufs Dach bauen, wenn der Strom aus dem Netz zu günstig ist.
Wärmepumpen und E-Mobilität hingegen lohnen sich besonders bei niedrigen Strompreisen. Gleichzeitig führt günstige Energie zu unnötiger Verschwendung. Je günstiger der Strom ist, umso weniger Mühe gibt man sich, Energie einzusparen.
Wieder anders verhält es sich mit gewerblichen Batteriespeichern. Diese rechnen sich, wenn die Strompreise häufig schwanken und zwischen teuer und preiswert wechseln. So kaufen die Batteriespeicher den Strom bei Sonnenschein preiswert ein, um ihn in der Nacht wieder teuer zu verkaufen. Die Renditen daraus sind so hoch, dass Batteriespeicher ohne Förderungen komplett aus der Privatwirtschaft finanziert werden.
Zusammensetzung
Tatsächlich ist Strom in Deutschland teurer als in allen anderen europäischen Staaten. Dabei sind Wind- und Solarkraft in der Erzeugung doch günstiger als alle anderen Energieträger. Warum dann die hohe Stromrechnung? Schaut man auf die Rückseite seiner privaten Stromrechnung sieht man die Zusammensetzung des Strompreises.

- 40,4% Beschaffung, Vertrieb
Dies sind die Kosten für den Einkauf des Stroms an der Strombörse sowie aller Kosten eures Stromanbieters. - 27,5% Netzentgelt
Dies sind die Kosten für euren Stromversorger, den Bau, Wartung, Betrieb und Steuerung der Stromnetze. - 4,0% Konzessionsabgabe
Eine Abgabe an die Kommunen, damit man Stromleitungen auf und in ihrer Gemarkung in ihren Straßen verlegen darf. - 0,7% KWK-Aufschlag
Eine Abgabe zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung zur Effizienzsteigerung der Energieversorgung. - 2,1% Offshore-Netzumlage
Zur Anbindung der Offshore Windparks ans Stromnetz. - 6,0% Mehrwertsteuer
- 5,2% Stromsteuer
- 3,9% StromNEV-Umlage nach §19 Stromnetzentgeltverordnung
Mit dieser Umlage wird ein vergünstiger Stromtarif für energieintensive Industriezweige finanziert.
Das macht rund 40,4% für deinen Stromanbieter, 34,5% für die Stromnetze, 21,2% für Vater Staat und 3,9% als Sonderförderung für unsere Industrie.
EEG
Hinzu kommen die versteckten Kosten in Form der EEG-Umlage bzw. Marktprämie. Mit dieser wird der Aufbau erneuerbarer Energien gefördert. Das Geld fließt direkt an Betreiber von Windrädern und Solaranlagen immer dann, wenn der Börsenstrompreis niedriger liegt als ein vereinbarter Mindestpreis. Auch die Einspeisevergütung für deine private PV-Anlage wird über diesen Topf gesichert. Früher wurde die EEG-Umlage auf die Stromrechnung aufgeschlagen. Seit 2023 wird sie direkt aus dem Bundeshaushalt bezahlt. Der Bundeshaushalt zahlt dafür 18,49 Mrd € für 2024 und voraussichtlich 17,03 Mrd € in 2025. Das entspricht nochmal etwa 4ct/kWh, die nicht auf der Stromrechnung stehen.
Steuern
Mit 25% sind unsere Steuern auf Strom recht hoch. Letztlich zahlen wir dieses Geld jedoch an uns selber aus. Das fühlt sich im Alltag anders an, wenn das Geld vom Konto verschwindet. Doch der Staat arbeitet letztlich nicht für sich, sondern für uns. Straßen, Brücken, Schienen, Wasserleitungen, Polizei, Renten und vieles mehr dienen der Allgemeinheit. Da kann man im Detail immer diskutieren, ob alles Geld sinnvoll investiert ist und ob Abgeordnetendiäten und unser Verwaltungsapparat zu fett geworden sind. Doch letztlich dienen alle Steuern dem Gemeinwohl. Wenn wir Steuern an der einen Stelle senken, müssen sie an anderer Stelle erhöht werden, oder wir kürzen die Ausgaben für unsere Land und Gemeinwohl. Sehr gerne können wir in diesem Kontext andere Steuervarianten diskutieren. Früher gab es mal eine Vermögenssteuer – heute gibt es dafür mehr Vermögen und mehr Superreiche. Auch ist nicht ganz klar, warum Amazon zwar massenhaft Einzelhandel vernichten darf, gleichzeitig jedoch kaum Steuern zahlt.
Stromnetzentgeltverordnung
Energieintensive Industrien bestimmter Branchen zahlen weniger Steuern auf ihren Strompreis, um international konkurrenzfähig zu bleiben. Ein Anteil dieser Industrieförderung steht auf eurer Stromrechnung als StromNEV. Dabei stellt sich die Frage, warum wir ausgerechnet den Strompreis subventionieren. Man könnte ja auch eine Subvention direkt auf das erzeugte Produkt zahlen. Für das Unternehmen wäre der Effekt identisch und gleichzeitig könnte Hersteller sich Vorteile verschaffen, wenn sie energieeffiziente Produktionsverfahren einsetzen oder sich gar PV-Anlage aufs Fabrikdach bauen.
Ein guter Teil der so geförderten Firmen gehört übrigens ausländischen Investoren. Mit dem Geld werden also teilweise die Dividenden ausländischer Investoren bezahlt (siehe DAX). Zugegeben, dieser Vergleich hinkt, denn die DAX-Firmen sind nicht automatisch die energieintensiven. Dennoch lohnt sich bei Industrieförderung und Steuerprivilegien ein Blick, wohin die so geförderten Gewinne letztlich fließen und wie viel davon bei denen ankommt, die tatsächlich dafür gearbeitet haben. Darüber kann man nochmal genauer nachdenken. Am besten bei einer schönen Tasse heißen Kaffee.
To be continued…
Vielen Dank für die Rückmeldung und den Hinweis auf die Quelle – das ist ein wichtiger Präzisierungsversuch! Tatsächlich basieren die offiziellen Prognosen der Übertragungsnetzbetreiber (z. B. auf netztransparenz.de) auf dem reinen Förderbedarf für 2025 (ca. 17 Mrd. € ohne Kontostand), der die Differenz zwischen Vergütungen und erwarteten Markteinnahmen abbildet. Der wird bewusst ohne die historischen Mehreinnahmen (aus CO₂-Preisen und Stromsteuer-Windfalls 2021–2023) kalkuliert, da diese als „vergangenes Guthaben“ (derzeit ca. 15–17 Mrd. € im EEG-Konto) behandelt werden und den Bedarf dämpfen.
Allerdings: Diese „Blase“ wirkt sich indirekt aus, indem sie den tatsächlichen Haushaltsaufwand bislang senkt – ohne sie stünde der Bund schon jetzt vor einem höheren Defizit. Und genau hier lauert das Risiko, das ich meinte: Sinkende Börsenpreise treiben den Bedarf hoch (wie 2024 mit +8,8 Mrd. € Überziehung), während die Blase schrumpft. Langfristig braucht’s eine stabile Finanzierungsreform, um Abhängigkeiten von Marktschwankungen zu mindern.
Sehr guter, nachdenklicher Beitrag – du bringst die Widersprüche im deutschen Strompreissystem klar und verständlich auf den Punkt.
Positiv hervorheben möchte ich vor allem zwei Dinge:
1. Die präzise Aufschlüsselung der Preisbestandteile (inkl. der „versteckten“ 4 ct/kWh aus dem Bundeshaushalt) – das sieht man selten so übersichtlich.
2. Den Hinweis, dass niedrige Börsenpreise einerseits E-Mobilität und Wärmepumpen attraktiv machen, andererseits aber genau die Investitionen in neue Erneuerbare und Speicher bremsen, die wir dringend brauchen. Das ist der Kern-Dilemma der Energiewende, den viele einfach ausblenden.
Kritisch (aber konstruktiv) würde ich nur zwei Punkte anmerken:
– Die Aussage „Strom in Deutschland teurer als in allen anderen europäischen Staaten“ stimmt für Haushaltskunden, aber nicht für die Großindustrie – dort liegen wir im Mittelfeld bis unteren Drittel. Das relativiert die oft gehörte „teuerste Strom weltweit“-Rhetorik etwas.
– Bei der EEG-Finanzierung über den Haushalt fehlt der kleine, aber wichtige Hinweis, dass die 17–18 Mrd € jährlich aktuell größtenteils aus den unerwartet hohen CO₂- und Strompreiseinnahmen der Vorjahre kommen – also quasi aus einer „Energiewende-Sondervermögensblase“. Wenn die Börsenpreise dauerhaft niedrig bleiben, wird diese Finanzierung schnell wieder prekär.
Insgesamt: Ein fairer, differenzierter Blick statt polemischer Vereinfachung – genau das, was in der Energie-Debatte viel zu selten vorkommt. Weiter so! ☕
Vielen Dank für das ausführliche Feedback. Das Thema wird in den nächsten Texten noch ausführlicher behandelt.
Den Gedanken zur Energiewende-Sondervermögensblase habe ich noch nicht genau verstanden?
Der Beitrag beschreibt die EEG-Finanzierung über den Bundeshaushalt korrekt, lässt aber den entscheidenden Kontext aus: Die 17–18 Mrd. € pro Jahr werden derzeit fast vollständig aus den Krisen-Mehreinnahmen der Jahre 2021–2023 (CO₂-Preis + Stromsteuer-Windfall) bezahlt – also aus einer einmaligen „Blase“.
Das klingt erstmal schön („keine Umlage mehr“), ist aber trügerisch: Bleiben die Börsenpreise dauerhaft niedrig, steigen die EEG-Kosten weiter, während diese Sonder-Einnahmen versiegen. Dann steht die Finanzierung wieder vor demselben Problem wie früher – nur dass es jetzt aus allgemeinen Steuermitteln oder neuen Schulden gedeckt werden müsste.
Dem zweiten Teil stimme ich zu. Wenn die Börsenpreise dauerhaft sinken, steigen die EEG Kosten für bestehende Anlagen.
die 17 Mrd sind nach meinem Verständnis jedoch ohne frühere Mehreinnahmen gerechnet( „EEG-Finanzierungsbedarf 2025 ohne anzusetzenden Kontostand“, siehe Quelle oben).