Teil 39: Populismus

Jeden Sonntag teile ich ein Puzzleteil, wie wir der Klimakrise begegnen und wie die Transformation zur Klimaneutralität gelingt. Dazwischen führe ich viele spannende Diskussionen auf Social Media, insbesondere Facebook (folgen, folgen, folgen, gerne auch auf allen anderen Plattformen). Dort findet man – mit etwas Geduld – auch Fachleute und wertvolle Informationen.  Entgegen aller Gerüchte ist auf Social Media auch ein konstruktiver Austausch und Diskurs möglich. Mein Lieblingsbeispiel stammt aus einer Diskussion über ein neues Setup von Windturbinen.

Der Austausch hat mich doppelt gefreut. Bisher hatte ich mir solche Dialoge ausgedacht als Satire für die Bühne, jetzt werden sie Wirklichkeit. Das ist phantastisch.

Zugegeben, so tolles Feedback gelingt nicht jeden Tag. Dennoch lohnt sich der Austausch oft. Er bringt nicht nur neue Informationen und Beispiele, sondern auch spannende Dialoge und Gesprächsverläufe. Auch mit Gegnern der Energiewende oder Klimaleugnern kann der Austausch lohnen und man erfährt neue Argumente oder zumindest Behauptungen. Die häufigsten davon inkl. passender Antworten sammle ich als FAQs unter Argumente & Quellen. Nutzt diese gerne für eure Diskussionen.

Cherry picking

Parallel lohnt sich auch ein Blick auf Diskussionstechniken der Klimaleugner. Besonders häufig beobachte ich „Cherry Picking„.  Dabei sucht Klimaleugner einen einzelnen Fakt heraus, der auf den ersten Blick dem wissenschaftlichen Konsens widerspricht. Diesen reißt er teilweise aus dem Kontext und versucht daraus ein Gegen-„Argument“ zu generieren. Das ist vom Prinzip sogar ein guter Ansatz, denn wissenschaftliches Ziel ist es ja, dass alle Puzzleteile ein konsistentes Bild ergeben.  Wenn ich jedoch einzelne Puzzleteile herauspicke, diese mit der Schere zuschneide und nach eignen Wünschen zusammensetze, dann bekomme ich ein kleineres, sehr hübsches aber halt falsches Bild.

Ein Beispiel für Cherry Picking ist die Behauptung „Früher gab es viel mehr CO2 in der Luft“. Diese Aussage ist zunächst mal richtig. Die Behauptung bezieht sich auf das Känozoikum vor ca. 50 Millionen Jahren. Da gab es sehr viel CO2 in der Luft und die Durchschnittstemperatur war etwa 10°-18° wärmer als heute. Gleichzeitig gab es vor 50 Millionen Jahren aber auch … keine Menschen. Erst recht keine 8 Milliarden Menschen, die regelmäßig essen wollen und dafür eine professionelle Landwirtschaft und stabile Ernteerträge brauchen. Was also soll so ein Vergleich? Nennt mich egoistisch, doch ich hätte auf unserem Planeten gerne Temperaturen, die für Menschen geeignet sind und nicht für Dinosaurier.

Populismus

Cherry Picking gibt es nicht nur bei Klimaleugnern, sondern ist bei Populisten allgemein beliebt. Das gemeinsame Muster ist: Erst entscheide ich mich für (m)eine Meinung, dann suche ich mir zur Meinung passende Beispiele. Alle unpassenden Informationen blende ich aus. So könnte ich behaupten, alle Jungennamen fangen mit A an. Als „Beweis“ dafür zeige ich dann die Seite 325 Jungennamen mit A. Alle anderen Beispiele stelle ich rücksichtslos in Frage und ziehe sie möglichst lautstark ins Lächerliche („Kevin? Pah, so heißt doch kein vernünftiger Junge.“). So ergibt sich ein sehr einfaches, einleuchtendes aber eben auch falsches Bild.

Der korrekte wissenschaftliche Prozess funktioniert umgekehrt. Betrachte zuerst alle Puzzleteile. Dann überlege, welches Bild diese Teile zeichnen und welche Fakten und Schlussfolgerungen sich daraus ergeben. Bei den Jungennamen fällt das Cherry Picking sofort ins Auge. Bei komplexeren Themen ist es schwerer, den Überblick zu behalten.  Entscheidend ist die Frage: Was war zuerst da, die Meinung oder das Argument?  Eine fundierte Meinung folgt den Argumenten – nicht umgekehrt.

Weitere Techniken

Weitere populistische, manipulative oder dogmatische Techniken sind zahlreich im Netz beschrieben. Ihr findet sie

Verfälschende Rhetorik gibt es dabei nicht nur bei Klimaleugnern, blauen Nazis, bayerischen Foodbloggern oder anderen inkompetenten Politikern mit versteckter Agenda. Auch linksgrünversiffte Gutmenschen nutzen die gleichen Techniken und auch ich setze sie manchmal ein. Gerade nutze ich z.B. den Begriff Populismus in verzerrtem Kontext, um zu suggerieren, alle Klimaleugner oder bayerischen Foodblogger wären gleichzeitig populistische Nazis. Dies ist natürlich nicht immer so, auch wenn sich manche Korrelation beobachten lässt.

Fazit

Daher bleibt aufmerksam. Wenn ihr Cherry Picking, Ad Hominem, Strohmann oder andere Techniken bemerkt, sprecht es an – freundlich, respektvoll und mit einem Lächeln. Dann merkt ihr schnell, ob die Methode bewusst taktierend eingesetzt oder unbewusst versehentlich verwendet wurden. Achtet auch auf eure eigene Argumentation. Wichtig ist nicht nur ein gutes Ziel, sondern ebenso ein guter Weg dahin und die richtigen Methoden in der Umsetzung.

In Zeiten wo die fossile Industrie immer noch den Klimawandel verharmlost, Nazis im Bundestag sprechen und unsere Bundesregierung – höflich formuliert – mit der Faktenlage überfordert scheint, ist es umso wichtiger, populistische, ideologische, dogmatische Rhetorik zu kennen und zu erkennen – nicht nur für den Klimaschutz.

Bei der Erkennung im Alltag helfen einfache Indizien:

  1. Wie „laut“ argumentiert die Person?
  2. Steht die Person für etwas ein, oder nur gegen etwas?
  3. Wie reagiert die Person auf Kritik und Rückfragen?

Lauten die Antworten „laut, dagegen und ungehalten/überheblich“, dann sei wachsam – doch nicht nur dann.

Soll ich auch auf die anderen Techniken näher eingehen? Welche Techniken beobachtet ihr im Alltag? Schreibt es in die Kommentare.

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2 Gedanken zu „Teil 39: Populismus

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