Episode VI: Die Rückkehr der Klimaretter.

Es sieht düster aus. Erst Corona-Pandemie, dann Ukrainekrieg, Krieg im Gaza-Streifen, Inflation, Wirtschaftskrise, Wohnungsnot  kosten unsere Aufmerksamkeit. Klimaschutz rutscht immer wieder aus dem Fokus und gerät zum Randthema. Die neue Bundesregierung ist für den Klimaschutz bisher ein Totalverlust. Dann ist der Juli auch noch verregnet und die Temperaturen steigen nahezu unbemerkt

Es ist frustrierend. 195 Staaten haben das Pariser Klimaschutzabkommen unterschrieben, jetzt halten sich wichtige Länder nicht an ihre eigenen Verträge. Probiert das mal im Privatleben. Lebt über Jahre nur auf Pump und zahlt eure Raten nicht, dann landet ihr vor Gericht. But wait… genau das passiert auch im Klimaschutz:

Klimaklagen

Schon 2015 klagte die Urgenda-Stiftung erfolgreich gegen die Niederlande für stärkeren Klimaschutz. Die Niederlande mussten ihre Emissionen innerhalb von fünf Jahren um 25% reduzieren. 2021 folgten dann Deutschland und Frankreich.

2019 verklagt die holländische Klimagruppe Milieudefensie den Konzern Shell auf Reduktion ihrer Emissionen. Das Gericht gab der Klage statt und verpflichtet den Konzern dazu, die Emissionen bis 2030 um 45% zu senken. Wenig überraschend ging Shell in Berufung, denn Geld für Anwälte hat die Ölindustrie mehr als genug. Dennoch war der Prozess ein Erfolg und erstmalig wurde ein privater Konzern zu mehr Klimaschutz verpflichtet.

2020 klagten sechszehn Jugendliche im Fall Held vs. Montana erfolgreich gegen den Staat Montana. Das Gericht urteilte,  die Kläger hätten ein Recht auf „clean and healthful environment“. Montana muss seitdem bei allen Genehmigungen für fossile Energien zwingend die Klimawirkungen mit berücksichtigen.

Seit 2024 läuft in Deutschland die Zukunftsklage. Greenpeace klagt mit über 50.000 Mitklägern vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die unzureichende Klimapolitik der Bundesregierung. Die Entscheidung wird noch dieses Jahr erwartet.

Leider abgewiesen wurde dieses Jahr die Klage von Saúl Luciano Lliuya aus Peru gegen RWE. Saúl hatte RWE verklagt vor dem Oberlandesgericht Hamm, weil die hohen Emissionen von RWE das Klima verändern und dadurch sein Grundstück von Überschwemmungen bedroht wird. Trotz der Niederlage ist dieser Prozess ein Meilenstein und ein Riesenerfolg. Denn das Urteil hält fest, dass große Emittenten wie RWE grundsätzlich für die Folgen der Klimakrise haftbar gemacht werden können. Im Fall von Saúl wurde lediglich keine konkrete Gefahr für sein Grundstück anerkannt.  Mindestens für die Bewohner vom Ahrtal oder Blatten sollte die konkrete Gefahr jedoch offensichtlich und eine entsprechende Klage erfolgreich sein.

Bemerkenswert ist auch die Klage von Kalifornien gegen die großen Ölkonzerne. Erstmalig klagen keine Umweltgruppen, sondern direkt ein Bundesstaat gegen die größten Umweltverschmutzer weltweit. Das Verfahren läuft noch.

IGH Gutachten

Mittlerweile geht die Zahl der Klimaklagen in die tausende, wie einschlägige Datenbanken zu Klimaklagen zeigen. Ein Paukenschlag kam jetzt vom Internationalen Gerichtshof IGH in Den Haag. Der IGH veröffentlichte am 23. Juli 2025 sein Gutachten zum Umgang mit der Klimakrise. Dieses legt fest, „saubere, gesunde und nachhaltige Umwelt“ ist ein Menschenrecht und das 1,5°-Grad-Ziel gilt verbindlich für alle Staaten. Fehlender Klimaschutz kann damit zum Verstoß gegen das Völkerrecht werden (IGH Gutachten). Dieses Gutachten ist nicht nur Rückenwind für alle laufenden Klagen, sondern ebnet auch neuen Klagen den Weg.

Damit haben Klimaschützer den Jedi-Rittern etwas voraus. Die Jedi-Ritter hätten einen Prozess vor einem imperialen Gerichtshof vermutlich verloren. Als Klimaschützer haben wir zwar nicht die Macht, dafür aber die Gesetze auf unserer Seite. Das wäre fast schon ein Grund, doch noch Jura im Schnelldurchgang zu studieren.

Money, Money, Money…

Weitere Unterstützung für den Klimaschutz kommt ausgerechnet von kapitalistischer Seite. Dank moderner Technik und Massenfertigung werden erneuerbare Energien immer preiswerter. Der Ausbau von Windkraft, PV und Speichern wird damit zum Business Case. Derzeit stehen die Investoren in Deutschland Schlange, um neue Batteriespeicher zu bauen und auch Ausschreibungen für Windparks oder PV-Anlagen sind regelmäßig überzeichnet. Dabei ist Boom kein deutsches Phänomen linksgrünversiffter Gutmenschen. Weltweit wachsen die erneuerbaren Energien exponentiell.

Entwicklung Photovoltaik weltweit

Entwicklung Windkraft weltweit

Dieser rasante Zubau zeigt Erfolg. Erstmalig haben wir es geschafft, Wachstum und Emissionen voneinander zu entkoppeln. Trotz gutem Wirtschaftswachstum sind die Emissionen in China seit März 2024 erstmalig rückläufig. Selbst bei kurzfristiger Betrachtung sind Erneuerbare Energien eine gute Investition, von den Einsparungen durch vermiedene Klimaschäden ganz zu schweigen.

Versicherungen

Letzteres sollte vor allem für die großen Versicherungen relevant sein. Deren Schadensbilanzen steigen mit jedem Klimaschaden weiter an. Derzeit zahlen die Versicherungen dafür 10,3Mrd €  – jedes Jahr. Das ist mehr als doppelt so viel wie in der vorherigen Dekade. Leider bewerben die Versicherungen zur Schadensbegrenzung vorwiegend die Klimaanpassung. Man solle seine Häuser halt woanders bauen (Thomas Blunck, Munich Re, 2025). Spoiler: Klimaanpassung alleine wird nicht ausreichen.  Wenn meine Badewanne überläuft, dann kann ich mich entweder anpassen und das Wasser aufwischen. Oder ich stelle den Wasserhahn ab.  Da sind selbst die Jungs vom Kerbeumzug cleverer, denn die haben schon früh gelernt: „Lieber vorbeugen, als auf die Füße kotzen.“

Klima Jedi

Damit haben Klimaversteher die Wissenschaft, die Gerichte, die Wirtschaft und die Versicherungen auf ihrer Seite. Das sollte ausreichen, um dem fossilen Todesstern entgegenzutreten, oder nicht?  Wissenschaft, Industrie, Versicherung oder Gerichte – welches Lichtschwert werdet ihr als nächstes einsetzen? Welchem Klima-Padawan leitest Du diesen Artikel weiter?

 

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