Atomkraft abdanke

Am 11. März 2011 wird das Atomkraftwerk in Fukushima von einer Tsunami-Welle erfasst. In drei Blöcken kommt es zur Kernschmelze. Das hochradioaktive Material erreicht das Grundwasser, durch eine künstliche Gefrierwand versucht man, den Boden 30m tief einzufrieren, um das Grundwasser zu schützen. Auch heute noch müssen die Reaktorruinen rund um die Uhr gekühlt werden. Das verwendete Kühlwasser wird dabei radioaktiv verstrahlt und zusammen mit dem kontaminierten Grundwasser auf dem Gelände gelagert. Weil auf dem Gelände nicht genug Platz ist, wird das Wasser seit 2023 teilgereinigt und restbelastet in den Ozean abgeleitet. Versuche, das verstrahlte Reaktormaterial zu bergen, wurden im September zum fünften Mal verschoben bzw. abgebrochen. Die Stilllegung der Anlage wird mindestens bis 2051 dauern. Bisher liegt man drei Jahre hinter diesem Zeitplan.

Klingt nach einer tollen Erfolgsstory, nicht wahr? Angesichts von Harrrisburg, Tschernobyl, Fukushima und zahlreichen weiteren Atomunfällen erscheint es geradezu zynisch, über den Bau weiterer Atomkraftwerke zu schwadronieren. Zugegeben, in Deutschland sind Tsunamis recht unwahrscheinlich und die deutsche Baukunst ist für ihre akkurate Planung, Zuverlässigkeit und Stabilität bekannt. Das können Elbphilharmonie, Berliner Flughafen, Stuttgart 21 sowie die Carolabrücke in Dresden oder die Salzbachtalbrücke in Wiesbaden eindrücklich beweisen.  Doch selbst bei erfolgreichem Bau und Betrieb von AKWs bleibt dann immer noch diese Kleinigkeit mit dem radioaktiven Müll. Aus den bisherigen AKWs bleiben 300.000 Kubikmeter schwach- und mittelradioaktiver Müll. Hinzu kommen 10.000 Tonnen hochradioaktives Material, das eine radioaktive Gefahrenquelle bleibt für die nächsten 250.000 Jahre.

Doch wenn man das alles ignoriert und aus purer Begeisterung auf Atomkraft setzen will, bleibt diese Technik immer noch unwirtschaftlich. Der Bau von Atomkraftwerken ist schlicht und ergreifend viel zu teuer. Abgesehen davon brauchen Bau und Planung von AKWs zu lange, um für die aktuelle Energiewende noch einen nennenswerten Beitrag zu leisten. Auch sind Brennstäbe nicht in beliebigen Mengen herstellbar, so dass Atomkraft unseren Strombedarf selbst bei gutem Willen nicht decken kann. Warum wohl liegt die Menge an Atomstrom weltweit seit 25 Jahren nahezu unverändert bei 2.500 TWh/Jahr?

In Kombination mit erneuerbaren Energien ist Atomkraft gleich völlig unbrauchbar. Atomkraftwerke lassen sich in ihrer Leistung kaum regulieren. Entsprechend kann man die Strahlekugeln weder abregeln noch herunterfahren, wenn die Sonne lacht oder der Wind weht. Dafür braucht es schnell reagierende Gaskraftwerke (am liebsten mit Biogas oder grünem Wasserstoff) oder noch besser Wasserkraft und Batteriespeicher.

Die Zeit für Atomkraft ist einfach vorbei. Diese Technik war nie einfach und heute gibt es preiswerte und bessere Möglichkeiten. Dieses Jahr feierte die kommerzielle Atomkraft ihren 70. Geburtstag. Es wird Zeit für die Rente. Die Nostalgiker und Gesternkleber können ihr ja noch eine Weile lang verträumt gedenken. Die Castorbehälter bleiben uns schließlich erhalten, so etwa 250.000 Jahre lang….

Warum Atomkraft nicht hilft…

Atomkraft schafft die Energiewende nicht:

a) Selbst bei gutem Willen käme ein Ausbau der Atomkraft zu spät für die Klimawende.

b) Sogar die bisherigen Betreiber haben eine Wiederaufnahme klar abgesagt.

c) Der französische Rechnungshof fordert einen kompletten Stop aller Investitionen in Atomkraft.

d) Die IEA plant im „besten“ Szenario lediglich mit einer Verdopplung der Kernkraft bis 2050. Das ist lächerlich wenig verglichen mit Erneuerbaren. Selbst dafür reichen die aktuell erschlossenen Uranvorkommen nicht aus und die nächsten bekannten Vorkommen sind so schwer zu erreichen, dass sich der Uranpreis verdoppelt.

e) AKW verträgt sich nicht mit erneuerbaren Energien, weil kaum regulierbar (Grundlast braucht heute keiner mehr).

f) Wenn Atomkraft so toll ist und es quasi alle machen außer Deutschland, warum ist dann der produzierte Atomstrom weltweit seit 25 Jahren unverändert?

g) Und dann war da noch der Punkt mit dem Endlager für radioaktiven Müll…

h) Die oft genannten SMR-Reaktoren ohne Abfall, die gibt es bisher nur im Labor oder als Testbetrieb. Auch diese Technik kommt damit zu spät.

(Baukosten von Flamanville https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/atomkraft-frankreich-schliesst-reaktor-flamanville-3-ans-netz-an-a-e54d845c-30d9-4e27-8504-b74757debfab,
Stromgestehungskosten laut Fraunhofer https://www.ise.fraunhofer.de/de/veroeffentlichungen/studien/studie-stromgestehungskosten-erneuerbare-energien.html,
Französischer Rechnungshof https://dirkspecht.de/2025/01/der-franzoesische-rechnungshof-verlangt-nichts-geringeres-als-die-aussetzung-aller-kernkraftplaene/
Volker Quaschning https://www.youtube.com/watch?v=0vR88n6LT_Q,
Ungeplante Abschaltung zweier AKWs in Finnland 2024 https://polarkreisportal.de/finnische-akw-olkiluoto-3-und-loviisa-2-ungeplant-abgeschaltet,
Zahlen Daten Fakten zur Atomenergie https://energiewende.eu/zustand-der-kernkraft-weltweit-erwartungen-verfehlt/,
SMR-Reaktoren bringen es nicht https://www.linkedin.com/pulse/why-small-modular-reactors-cant-compete-renewables-clean-marcoux-nbghe/,
IEA zu Atomkraft https://www.iea.org/reports/the-path-to-a-new-era-for-nuclear-energy/executive-summary,
Entwicklung Atomstrom weltweit https://de.statista.com/statistik/daten/studie/274954/umfrage/stromerzeugung-aus-kernenergie-weltweit/)

Nachtrag

 

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