Windräder, PV-Anlagen und Stromspeicher sind die Kernbausteine der Energiewende. Hinzu kommen Wasserkraft und Biomasse. Heute setzen wir diese zusammen zum Gesamtbild einer klimaneutralen Stromversorgung.
In den kommenden Jahren bauen wir weitere Windräder sowie große Mengen an PV-Anlagen. Unterstützt werden diese von Großbatterien und Pumpwasserkraftwerken als Zwischenspeicher. Studien zeigen, dass diese Kombination uns über weite Strecken zuverlässig mit Strom versorgen kann. Die fossilen Energieträger Öl, Kohle, Gas werden so von den günstigen Erneuerbaren Energien aus dem Markt gedrängt.
Aber was, wenn wir über längere Zeit gleichzeitig trübes Wetter und wenig Wind haben? Ja, das kommt vor, statistisch gesehen alle zwei Jahre, zuletzt diesen November 2024, insbesondere in Kalenderwoche 45. Da lagen weite Teile Deutschlands unter einer Wolkendecke und die Windgeschwindigkeiten lagen irgendwo zwischen einem Gähnen und der Atmung einer schlafenden Katze. In dieser Woche schafften Wind und Solar gerade mal 20% unseres Strombedarfs, der Volksmund nennt dies Dunkelflaute. Da hilft auch Demand Side Management nichts mehr und wir brauchen eine andere Lösung – die Gaskraftwerke.
Anders als Kohlekraft lassen sich Gaskraftwerke schnell regulieren. In wenigen Minuten können sie von Minimalbetrieb auf Volllast hoch- und wieder runter fahren. Damit schließen sie fast perfekt die restliche Lücke in unserem Energie-Masterplan. Stark vereinfacht – und mit geschätzten Zahlen – lautet unsere Strategie somit:
- Wind- und Solar können uns zu etwa 70% der Zeit direkt mit Strom versorgen.
- Durch Ausbau unserer Stromnetze können wir Wind- und Solar europaweit in Echtzeit verteilen. Dadurch kommen wir auf etwa 80% zeitliche Abdeckung, denn irgendwo weht immer Wind.
- Durch Batteriespeicher und Pumpspeicher gleichen wir kurzzeitige Engpässe aus und kommen so über ca. 90% der Zeit.
- Die restlichen 10% schmeißen wir Gaskraftwerke an für zuverlässige Stromversorgung rund um die Uhr.
Das ist die Strategie in vier Sätzen. Im Detail ist es etwas komplizierter und alleine mit der Materialsammlung eines üblichen Baumarktes kriegt man das auch nicht zusammengesteckt. Doch mit vernünftiger Planung, deutscher Ingenieurskunst, digitaler Regeltechnik und vor allem ohne Merz und Söder ist das innerhalb weniger Jahre machbar.
Einziger Diskussionspunkt dabei ist noch die Frage: Welches Gas? Die Strategie der Bundesregierung setzt dazu aktuell auf fossiles Erdgas, offensichtlich keine Dauerlösung. Mittelfristig soll das Erdgas dann durch grünen Wasserstoff ersetzt werden. Dieser Wasserstoff wird durch überschüssigen Strom aus Wasser gewonnen. Ein guter Ansatz, jedoch bis auf weiteres ineffizient und sehr teuer. Außerdem wird Wasserstoff in großen Mengen in der Industrie benötigt, insgesamt gilt damit für Wasserstoff der Beziehungsstatus „es ist kompliziert“. Auch sind Gaskraftwerke relativ teuer und kosten im Bau etwa 600.000 bis 1.000.000 € pro MW Leistung. Da wir aber als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt natürlich keinerlei Geld haben und mit unserem seit 12 Jahren bestehendem AAA Top Rating trotz niedriger Staatsverschuldung (Rang 71) anscheinend keine Kredite aufnehmen können, ist das Geschrei schon wieder groß.
Dabei gäbe es noch einen anderen Ansatz, der leider oft übersehen wird. Heute schon decken wir 10% unseres Strombedarfs mit Gas in Form von Biogasanlagen. Diese sind CO2 neutral, laufen derzeit jedoch kontinuierlich im Grundlast-Modus. Für unseren Masterplan könnten wir diese Anlagen umwidmen als Notreserve für die Dunkelflauten. Das ist machbar wenn auch nicht trivial, weil das Biogas durch Vergärung/Verrottung von Biomasse entsteht. Das geht nicht beliebig schnell, wie jeder weiß, der nach den Sommerferien schon mal die vergessenen Brotdosen aus den Schultaschen entsorgt hat.
Dennoch kann Biogas auch als flexible Notreserve funktionieren. Die Stichworte dafür lauten mehrfache Überbauung sowie Einspeisung ins Erdgasnetz. Auch sollten wir Biomasse nicht komplett in Biogas umwandeln sondern besser per Pyrolyse verkohlen. Wenn euch das genauer interessiert, schreibt es mir in die Kommentare.
Für heute können wir uns merken: 90% der Zeit schaffen wir unseren Strombedarf mit Erneuerbaren Energien, Speichern und Netzausbau. Die restlichen 10% sind ebenfalls lösbar. Wenn wir uns etwas mehr auf das Ziel konzentrieren und weniger auf Merz, Söder und die #ekelhAFD hören, kriegen wir das alles hin. Oder wie der Volksmund sagt: Wer etwas erreichen will, findet Wege. Wer nichts will, findet Gründe. Ich jedenfalls finde mir jetzt erst mal einen Kaffee…
Hallo Holger,
Du schreibst da was von Verkühlung mit Hilfe von Pyrolyse. Klingt interessant, insbesondere weil es mittlerweile auch „verkohlte“ Gartenerde gibt. Machst Du daraus noch einen eigenen Bericht? Wenn nicht würde mich die Technik und ihre Anwendung schon Mal interessieren.
Nicht Verkühlung sondern Verkohlung. In der Tat eine spannende Sache. Das Produkt (Biokohle) wird in der Tat als verkohlte Gartenerde verbraucht, teilweise auch Terra Preta genannt. Das Thema steht noch auf der Liste. Kommt demnächst. Alternativ gibt es Infos dazu auch im LocalZero Klimaweg.