Wind und Sonne versorgen und kostengünstig mit Energie dank Windräder und PV-Anlagen. Doch nachts scheint die Sonne nicht und wenn in lauer Sommernacht kein Wind weht, geht dann mein Kühlschrank aus? Wie soll ich da ein kaltes Bier bekommen? Da bräuchte man riesige Stromspeicher, die sind sauteuer. Das sieht man schon an den teuren Elektroautos und wenn ich mir unseren Stromverbrauch in Deutschland anschaue, wie soll man das mit Batterien abfangen? Das kann doch alles gar nicht gehen! Dann mach ich jetzt gar nichts mehr. Wir werden alle sterben, und ich habe nicht mal mehr ein kühles Bier…
So oder so ähnlich schimpft Deutschmensch nur zu gern, oft gefolgt von langen Tiraden, warum was genau alles auf keinen Fall funktionieren kann. Das haben wir in unserem Land tatsächlich perfektioniert. Erst denken wir uns ein Problem aus. Dann behaupten wir reflexartig, dafür gibt es keine Lösung. Den Rest des Abends finden wir dann mit aller Kraft immer neue Argumente, warum das auf gar keinen Fall funktionieren kann und warum überhaupt alles total doof ist.
Kommt euch das bekannt vor? Dann eine Frage: Was wäre, wenn wir unsere Kraft anders einsetzen und statt nach Problemen nach funktionierenden Lösungen suchen? Wie wäre das? Könnt ihr es schon hören? „Aber, man muss sich auch die Probleme anschauen. Was ist, wenn wir etwas übersehen, und dann scheitern! Wie soll das gehen!“ Ja, in dem Zitat sind keine Fragezeichen. Schließlich will Deutschmensch gar keine Antworten und erst recht keine Lösungen, sondern höchsten einen Schuldigen… am liebsten Robert Habeck.
Wo kämen wir aber auch hin, wenn wir etwas ausprobieren, ohne vorher alles bedacht und zerredet zu haben? Das wäre fast so als würde man neue Atomkraftwerke bauen, ohne sich zu überlegen, wie man anschließend den radioaktiven Müll entsorgen kann. Aber das ist natürlich etwas völlig anderes…
Wo war ich? Ach ja, Stromspeicher – kann gar nicht gehen. Haben wir noch nie so gemacht. Da könnt ja jeder kommen. Wir werden Abends nie wieder kaltes Bier trinken können! Dabei haben wir vergessen, die Lösung zu sehen: Du willst kaltes Bier in einer windstillen Sommernacht? Dann stell‘ das Bier mittags in den Solar-Kühlschrank und stelle ihn auf Super-Cool. So hast du kühles Bier bis zum Morgengrauen, ganz ohne Stromspeicher.
Klingt seltsam, ist aber im großen Maßstab eine super Idee und funktioniert genau so wie das kühle Bier aus dem Solar-Kühlschrank. Statt kleiner Kühlschränke geht es dabei um große Kühlhäuser. Rund um die Uhr laufen in Deutschland tausende Kühlhäuser und brauchen Energie, um unsere Lebensmittel frisch zu halten. Diese können uns jetzt durch die windstille Sommernacht helfen. Statt die Kühlhäuser mit akribischer deutschmenschlicher Pedanterie auf konstant -18°C zu halten, nutzen wir tagsüber überschüssigen PV-Strom, um sie auf -24°C runter zu kühlen. Nachts regeln wir die Kühlhäuser dann ab und verbrauchen weniger Strom, während sich die Kühlhäuser langsam auf -18°C „erwärmen“.
Das Prinzip dahinter sich Demand-Side-Management. Statt immer darauf zu bestehen: „Ich will jetzt und zwar sofort“, wie ein Kleinkind oder ein Deutschmann ohne Bier, kann man schauen, ob man seinen Bedarf nicht auch den Möglichkeiten anpassen kannst, z.B.: „Schatz, wenn du eh gerade aufstehst, bring mir doch kurz ein Bier vorbei.“ Nutze Energie, wenn sie gerade da ist. Neben Kühlhäusern funktioniert das auch mit vielen anderen Prozessen. Zum Beispiel Wärmenetze, Laden von Elektroaustos, einige Industrieanlagen und unter anderem auch mit Rechenzentren. Auch hier kann man CPUs/GPUs temporär drosseln oder beschleunigen, um den Strombedarf zu regeln. Es gibt nun wirklich genug Dinge im Internet, die müssen nicht auf die Sekunde genau passieren. Neben Werbeunterbrechungen im Amazon-Prim-Abo denke ich dabei auch an größere Stromfresser wie SETI, BitCoins und aktuell immer mehr KI-Training.
In allen Bereichen Demand Side Management funktionieren wie in unserem Kühlhaus, dass auf die nächsten Sonnenstrahlen wartet. Denn lange bevor die Tiefkühlpizza taut, bricht ein neuer Tag an. Wir haben wieder Solarstrom, die Welt ist doch noch nicht ganz untergegangen und es reicht immer noch für ein sehr kühles Bier in der Hand. Beziehungsweise für einen frischen Kaffee. Schließlich ist schon wieder Sonnenaufgang…