Ich stehe in der Schlange beim Bäcker, und ich habe Hunger. Die Schlange bewegt sich nicht. Die Bäckereifachverkäuferin hinter der Theke bedient einen kleinen Jungen – vielleicht ist er 6 Jahre alt.
„Ich …. hätte … gerne … drei, äh nein… zwei …. Brötchen“, nuschelt der Kleine stockend über die Theke. In der einen Hand hat er einen Geldbeutel, mit der anderen Hand hält er sich verkrampft an seiner Einkaufstasche fest, die etwas zu groß für ihn erscheint.
„Nein, nicht die, lieber … die da… Nein doch lieber drei.“ Ich werde ungeduldig, als das Kind auch noch den Kuchen für den Nachmittagskaffee auswählt: „Was ist das für ein Kuchen? … Nein, dann doch lieber …. äh … eine Nussschnecke. Oder, doch lieber die Marzipanrolle…“
Mein Magen meldet sich mit deutlichen Knurrgeräuschen. Mit unendlicher Geduld zeigt die Verkäuferin dem Jungen Stück für Stück das Sortiment an Kuchen und Kaffeestücken, legt sie wieder zurück, unterbreitet ein neues Angebot: „Möchtest Du noch ein Croissant? Die sind mit Schokoladenfüllung.“ Der Einkauf wird heute wohl länger dauern.
Mein Magen knurrt erneut, doch plötzlich fällt mir etwas ein: Den kleinen Jungen muss es Mut gekostet haben, heute zum Bäcker zu gehen. Sicher ist es ihm schwergefallen, ganz alleine loszulaufen nur mit Geldbeutel und fest umklammerter Einkaufstasche. Dennoch ist er hier.
Ich darf gerade beobachten, wie ein junger Mitbürger zaghaft einen kleinen Schritt in Richtung Eigenständigkeit geht und wie er ein neues Stück Vertrauen und Selbstbewusstsein entwickelt.
Draußen scheint die Sonne. Vor und hinter mir in der Schlange stehen Nachbarn, mit denen ich mich unterhalten kann, und bald kann ich frühstücken – gemeinsam mit meiner Familie. Es ist Sonntag, und ich habe heute nichts vor außer Texte schreiben, Schlagzeug spielen sowie die Familie und das Wetter zu genießen… In diesem Moment habe ich wirklich alles was ich brauche. Ich hoffe, der Junge lässt sich noch ganz viel Zeit!