Zukunft 2

Wie sieht unsere Zukunft aus? Das wollte ich wissen. Deshalb habe ich Pläne für den Fluxkompensator in die Zukunft geschickt. Dort wurden sie 2055 gefunden und Marty hat mich von dann besucht. Letztes Mal wurden wir unterbrochen, weil der Kaffee fertig war. So ging es danach weiter.

  • So, Marty, bin wieder da. Hier ist der Kaffee. Etwas Zucker dazu?
  • Danke, Holger, schwarz, bitte. Ist der Kaffee aus Spanien oder aus Italien?
  • Äh, was meinst…?
  • Ach, is‘ nich‘ wichtig. Wo waren wir?
  • Bei den Bright Green Shifts. Eine schöne Idee. Doch rufen die Länder damit nicht zu weniger Arbeit auf?
  • Ja, warum nicht. Durch Automatisierung, KI und Roboter stieg die Produktivität Jahr für Jahr. Da ist es nur konsequent, dass man auch weniger arbeitet.
  • Na, davon merkt man heute noch nichts. Die meisten Familien haben heute zwei (oder mehr) Vollzeitjobs. Bei meinen Eltern reichte noch ein Vollzeitjob  (oder auch zwei Halbtagsjobs). Geschätzt wird heute mehr gearbeitet als vor dreißig Jahren.
  • Ja, zunächst war das wohl so. Doch zeigte sich, dass dies nicht unbedingt vorteilhaft war. Viele Jobs drehten sich mehr darum, Arbeit von anderen zu verwalten, ohne selber etwas produktiv beizutragen. Viele der Produkte wurden bei näherer Betrachtung ohnehin nicht gebraucht. Das fing schon früh an, als Handys auf den Markt kamen. Eine eigene Industrie produzierte nichts anderes als Klingeltöne für diese Handy. Bei näherer Betrachtung ein völlig sinnfreies und unproduktives Geschäftsmodell.
  • Meinst Du etwa die Jamba Klingeltöne aus den 1990ern? Die brauchte wirklich niemand. Das ist jetzt aber schon eine Weile her.
  • Und sind Produkte seitdem werthaltiger geworden?
  • Äh… nun ja…
  • Genau. Es wurde mehr und mehr Zeug produziert, das eigentlich keiner brauchte, was nebenbei irrsinnige Emissionen schaffte. Dann kam Social Media dazu, dann Streaming Dienste. Beide lieferten viel Wissenswertes, begraben unter einem Gebirge von sinnlosem anderen Content.
  • Der Mensch will unterhalten werden.
  • Ja, Brot und Spiele. Doch wenn man immer nur auf den Bildschirm starrt…
  • … guckt man letztlich in die Röhre.
  • Genau. Die Menschen verbrachten mehr und mehr Stunden mit sinnlosen Nichtigkeiten und das nicht nur in der Freizeit sondern auch im Job. Für die Versorgung mit Nahrung und dem wirklich Notwendigen braucht es heute nur wenige Arbeitsstunden. Den Rest übernehmen Technik und Maschinen. Ein Landwirt kann mit Hilfe von autonomen Robotern sein Land alleine bestellen. Mit Robotern kann ein Handwerker in kurzer Zeit ein komplettes Haus alleine bauen.  Da ist es doch logisch, dass die Menschen auch weniger arbeiten als früher.
  • Das kostet aber Arbeitsplätze…
  • Jedoch nur die sinnlosen Arbeitsplätze ohne Wertschöpfung. Das Haus ist ja dennoch fertig gebaut. Auch die Lebensmittel sind fertig und durch Drohne ausgeliefert. Es ist alles da, was man braucht mit wenigen Arbeitsstunden.
  • Dann habt ihr jetzt sehr viele Arbeitslose?
  • Nicht wirklich. Die meisten arbeiten in Teilzeit und oder ehrenamtlich. Die Menschen wollen sich ja sinnstiftend einbringen. Insgesamt haben wir heute wieder mehr Zeit für unsere Familien, Freunde und Gemeinschaft. Die gemeinsame Zeit miteinander wird seit den Green Shifts wieder mehr geschätzt.
  • Ein Teilzeit Job und Ehrenamt reichen wohl kaum aus, um genug Geld zu verdienen.
  • Ach ja, der klassische Neoliberalismus. Das ist doch nur eine Frage der Verteilung. Wenn wir mit Teilzeitjobs alles Notwendige erledigen können, dann sollte man auch nicht weiter arbeiten müssen.
  • OK, und woher kommt das Geld?
  • Während des großen KI-Rauschs sammelte sich immer mehr Geld in den Taschen weniger Multimilliardäre. Große Vermögen sind wie Ehrenämter. Hast Du eins, kriegst Du schnell noch eins dazu. Vermögen und Ehrenamt – beides neigt dazu zu verklumpen, wenn auch bei verschiedenen Menschen.
  • Ja, das merken wir heute schon.
  • Für die Gesellschaft war das toxisch. Also die Milliardäre, nicht das Ehrenamt. Es war klar, dass man sich die Superreichen nicht länger leisten konnte.
  • Und dann? Enteignung?
  • Nein, nicht direkt. Die UN einigte sich auf einen weltweit einheitlichen Mindeststeuersatz für alle Milliardäre. Noch wirksamer war jedoch die Robotax.
  • Robotax?
  • Genau. Für jede Maschine, die Arbeit autonom verrichtet oder erleichtert wird eine „Automatisierungssteuer“ erhoben. Die Höhe richtet sich nach der Wertschöpfung, die die Maschine leistet. Die Einnahmen der Robotax werden dann verteilt auf kostenfreie Infrastruktur und Auszahlungen an die Bevölkerung.
  • Du meinst ein bedingungsloses Grundeinkommen?
  • So darf man das natürlich nicht nennen. Da kriegt der schwarze Flügel ja Schnappatmung. Zuerst hieß es Klimageld, heute ist es die Rowry.
  • Bitte wie?
  • Rowry, ein Zusammenschluss aus „Robot“ und „dowry“
  • Eine Roboter Mitgift?
  • Genau. Wenn ein Roboter einen Platz in deiner Gesellschaft will, muss er eine Mitgift mitbringen.
  • An den Gedanken kann ich mich gewöhnen. Die Roboter arbeiten für uns und bezahlen auch noch dafür?
  • So ungefähr. Etwas genauer: Die Roboter schaffen einen Wert und darauf wird eine Steuer erhoben, ähnlich wie die Mehrwertsteuer.
  • Und das soll funktionieren? Das hast Du Dir doch ausgedacht!
  • Selbstverständlich. Man muss sich immer etwas ausdenken. Am Anfang ist alles eine Idee. Ob aus der Idee etwas wird, liegt bei Dir.
  • Wieso bei mir?
  • Na, es ist doch deine Zukunft, über die wir hier reden. Was Du daraus machst, liegt in deiner Hand. Die Zukunft ist ja noch nicht geschrieben.

Nachdenklich nippe ich an meinem Kaffee. „Die Zukunft ist noch nicht geschrieben.“  Das gefällt mir. Ich trinke meinen Kaffee aus und stehe auf. Die Zukunft beginnt immer mit einer Idee…

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