Klimaleugner

Seit den 1980ern finanzieren die fossilen Konzerne massive Desinformationskampangen, um Zweifel am Klimawandel zu säen und Klimaschutz zu verhindern. Unter Regie der fossilen Lobby entstanden das Heartland Institue (1984), die Global Climate Coalition (1989), das Committee for a Constructive Tomorrow (1985) und andere nette Institute. Ihre vordringliche Aufgabe: Verbreite Zweifel am menschengemachten Klimawandel, der Klimaforschung und den Auswirkungen.

Diese massive Verbreitung von Falschinformationen läuft bis heute, obwohl es am Klimawandel schon lange keinen Zweifel mehr gibt. In Deutschland ist das EIKE Institut (2007) an vorderster Front dabei ebenso wie die verfassungsfeindliche AfD. Auch Plattformen wie NIUS, Tichys Einblick, AchGut oder Compact (nicht verwechseln mit Campact) nutzen jede Gelegenheit, den Klimawandel klein zureden und anzuzweifeln.   Eine perfide Strategie und leider – das muss man einräumen –  ein erfolgreicher Schachzug. Viele Menschen gehen dieser gezielten Desinformation noch immer auf den Leim.

Denn Klimaforschung benötigt sehr viel Statistik, Wahrscheinlichkeitsrechnung und rechnen in Modellen und Szenarien. Das macht Klima „unhandlich“ und Klimawandel ist viel mehr als „alles wird wärmer“.

Lässt man eine Eisenkugel, reibungsfrei im Vakuum aus 10 Metern Höhe fallen, schlägt sie nach exakt t = √(2g : h) = 1,43 Sekunden auf dem Boden auf. Das ist das Gesetz vom freien Fall. Fandet ihr Physik In der Schule zu kompliziert? Dann freut euch auf Klimaforschung. Hier ein Ausschnitt aus dem IPCC AR6 Synthesis Report, die vereinfachte Kurzfassung „Summary for Policymakers“ Seite 17:

Wirkt unübersichtlich? Keine Angst, Erklärung folgt:

Panel (a): Left – Global surface temperature changes in °C relative to 1850–1900. These changes were obtained by combining CMIP6 model simulations with observational constraints based on past simulated warming, as well as an updated assessment of equilibrium climate sensitivity. Very likely ranges are shown for the low and high GHG emissions scenarios (SSP1-2.6 and SSP3-7.0) (Cross-Section Box.2). Right – Global Reasons for Concern (RFC), comparing AR6 (thick embers) and AR5 (thin embers) assessments. Risk transitions have generally shifted towards lower temperatures with updated scientific understanding. Diagrams are shown for each RFC, assuming low to no adaptation. Lines connect the midpoints of the transitions from moderate to high risk across AR5 and AR6.

Liest sich kompliziert? Dies ist eine der leichteren Passagen aus dem vereinfachten Report für politische Entscheider. Für eine saubere und objektive Beschreibung ist diese Komplexität leider notwendig. Für den schnellen Überblick hingegen ist es miserabel. Zum Glück braucht man den ARS Synthesis Report nicht im Original zu lesen, um den Klimawandel zu verstehen. On- und offline gibt es viele sehr gute Arbeiten, die die Faktenlage zum Klimawandel verständlich und anschaulich zusammenfassen.

Diese Vereinfachung ist notwendig, um Menschen zu erreichen. Gleichzeitig macht man sich dadurch auch angreifbar, weil Details ausgespart werden. Dies liefert Klimaleugnern viele Angriffspunkte, um Menschen zu verunsichern. So liefern Klimaleugner dann auch massenhaft Material umfangreich, gut gemacht und überzeugend – aber halt faktisch falsch. Es gibt zahlreiche Schriften und Vorträge, die sehr geschickt die Fakten verdrehen und aus dem Zusammenhang reißen. Die zeichnen dann ein tolles und eingängiges aber halt falsches Bild. Siehe dazu Teil 39: Populismus.

Cui fides?

Kaum ein Normalbürger – und ebenso die wenigsten Politiker – haben den wissenschaftlichen Hintergrund, geschweige denn die Zeit und Muße, Klimaforschung im Detail zu überprüfen. Beim Klima kann ein Einzelner ohnehin nicht alle Informationen vollständig prüfen und analysieren. Für den Fall der Eisenkugel kann jeder zu Hause eine brauchbare Messreihe aufstellen, auch ohne Vakuum. Für Klimaforschung klappt dies nicht. Früher oder später muss ich die Analyse daher Fachleuten und Forschungsteams überlassen, die dafür in Summe sehr viel mehr Köpfe, Zeit, Wissen und Material einsetzen können als ich und Du zur Verfügung haben.

Das ist auch völlig ok. Dein Smartphone baust Du ja auch nicht selber zusammen. Das überlässt Du Profis und Entwicklungsteams und nutzt anschließend selbstbewusst das Ergebnis. Würde jemand versuchen, minderwertige Taschenrechner als iPhones zu verkaufen, würde der Betrug schnell bemerkt und die falsche Ware vom Markt verschwinden. Beim Klima ist das schwieriger. Wie entscheide ich als Nicht-Wissenschaftler, welchen Quellen und Informationen ich vertraue?

Wem sollte ich glauben? Glaube ich den Klimaleugnern und Blaunazis  oder doch lieber IPCC, WMO, UNEP, Nationale Akademie der Wissenschaften der USA (NAS), NASA, NOAA, European Space Agency (ESA), Deutscher Wetterdienst (DWD), Umweltbundesamt (UBA), Royal Society (UK), Académie des sciences (Frankreich), Australian Academy of Science, Chinese Academy of Sciences, Max-Planck-Institut für Meteorologie, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK), ETH Zürich, Grantham Institute (Imperial College London), Stockholm Resilience Centre, Canadian Meteorological and Oceanographic Society, Japan Meteorological Agency, International Energy Agency (IEA), National Center for Atmospheric Research (NCAR, USA), Center for International Climate and Environmental Research – Oslo (CICERO), Swiss Federal Institute for Forest, Snow and Landscape Research (WSL), Met Office Hadley Centre (UK), Lawrence Berkeley National Laboratory (USA), Scripps Institution of Oceanography (USA), Goddard Institute for Space Studies (GISS, NASA), British Antarctic Survey, Finnish Meteorological Institute, Tyndall Centre for Climate Change Research (UK), Alfred-Wegener-Institut (AWI), Institute for Climate Impact Research (IIASA, Österreich), Forschungszentrum Jülich u.v.m.?

(Habt ihr meine populistische Methode erkannt?  Durch lange Aufzählung wissenschaftlicher Institute suggeriere ich zahlenmäßige Überlegenheit und gleichzeitig fachliche Autorität. In diesem Fall völlig zu Recht.)

Glaube ich den eben genannten Instituten und vertraue ich dem weltweiten wissenschaftlichen Prozess oder höre ich doch lieber auf Vetter Erwin, der auf Tiktok gehört hat: „Alles Fake“?  Diese und andere Fragen habe ich in den letzten Wochen ausführlich mit Klimaleugnern diskutiert. Nach einigem Hin und Her nehmen diese Diskussionen jedoch alle das gleiche Ende und kein Klimaleugner konnte mir die eine und wichtigste Frage beantworten. (Nein, die Antwort auf diese Frage ist nicht 42)

Cui bono?

Wenn der menschengemachte Klimawandel ein Schwindel wäre, was ist das Motiv dahinter? Am IPCC-Bericht sind direkt und indirekt wie viele Wissenschaftler beteiligt? Warum machen die sich seit mehr als 30 Jahren die Mühe einen Klimawandel zu erfinden?  Sehr klar formuliert dies Maja Göpel.

Es gibt viele schlechte Gründe, den Klimawandel zu leugnen. Für das Öl-Imperium bricht durch erneuerbare Energien das Geschäftsmodell weg. Da kann ich mir vorstellen, warum die mit sehr viel Geld und Kraft alles tun, um die Folgen fossiler Brennstoffe zu verharmlosen. Ähnliches hat man schon bei der Tabak-Industrie erlebt. Die AfD ernährt sich seit ihrer Gründung nur von Hass, Hetze, Angst und Spaltung. Die springen mit Freude auf den Zug auf. Auch kann jeder Klimaleugner entspannt die Füße hochlegen, denn es gibt ja gar kein Problem.

Doch wer hat ein Interesse daran, einen menschengemachten Klimawandel zu erfinden?
Noch niemand konnte dies sinnhaft erklären.

Oft kommt an der Stelle das Argument „der Klimawandel ist nur ein Geschäftsmodell“. Ja selbstverständlich verdient man mit Klimawandel Geld. Windräder, PV-Anlagen, Elektroautos verschenkt keiner aus Nächstenliebe. Doch was soll das beweisen? Auch mit dem Internet verdient man Geld. Doch keiner würde deswegen behaupten, dass es nicht existiert. Auch zeitlich betrachtet ergibt das Geld-Argument keinen Sinn. Der Klimawandel ist seit den 1980ern bekannt, doch erst heute wird damit Geld verdient. Wie genau funktioniert dieses ominöse Geschäftsmodell? Ich erfinde einen Klimawandel, produziere dafür jahrzehntelang konsistent gefälschte Forschungsdaten, nur um später ein paar Windräder und PV-Anlagen zu verkaufen? Ach ja, und ganz nebenbei mache ich mir damit noch die gesamte Öl/Kohle/Gas-Industrie zum Feind und damit nicht nur die mächtigsten Firmen der Welt, sondern auch ein paar militärisch sehr gut ausgerüstete Staaten? Brillante Idee – genau so wird es gewesen sein, oder?

Ceterum censeo

Warum also sprechen all die Wissenschaftler und Institute seit mehr als 30 Jahren so vehement vom Klimawandel?  Bei näherer Betrachtung ergibt sich dafür eine sehr einfache Erklärung: Der Klimawandel ist real und er ist jetzt. Je eher wir das verstehen und akzeptieren, umso schneller können wir handeln und Lösungen schaffen. Auf die Erkenntnis erst mal eine Tasse heißen Kaffee.

Welche Behauptungen begegnen euch in Diskussionen? Was antwortet ihr? Was sind eure liebsten Argumente und Quellen?

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