Wespen zum Frühstück

Sommer, Sonne, Sonnenschein! Urlaub wie Gott in Frankreich, in einem schönen Haus mit Pool und Terrasse. Der Tag beginnt mit Kaffee und einem leckeren Frühstück. Alles ist ruhig und entspannt.

Wenn da nur nicht diese kleinen hektischen Viecher wären, und damit meine ich jetzt nicht meine Kinder. So klein sind die schließlich nicht mehr, und der handelsübliche Homo Teenagerensis neigt morgens nicht zu übermäßiger Hektik, sondern eher zu monotonem Brummeln. Hektik entsteht durch unsere ortsansässigen Frühstücksgäste: Klein, gelb, flugfähig und tritt an unserem Frühstückstisch vorzugsweise in mittleren Klassenstärken auf. Die Rede ist von Wespen! Zwanzig bis dreißig Stück schwirren um uns herum, kaum dass wir den Frühstückstisch gedeckt haben.

Nun kennt man das Mantra bei Besuch von Wespen und/oder Verwandtschaft: Ruhig bleiben, keine hektischen Bewegungen, die gehen auch wieder! Und wie gesagt fällt das den Teenagern am Morgen auch nicht weiter schwer. Dennoch sind französische Wespen recht penetrant und knabbern dir genüsslich dein Croissant an … während Du es gerade mit Butter beschmierst. Die Viecher tauchen einfach unter dem Messer durch und knabbern munter weiter.

Also versucht man die gelben Minidrachen zu verscheuchen, doch außer viel Hektik, Unruhe und Stress bringt das nicht viel. Kaum hat man eine Wespe verscheucht, schon ist die nächste zur Stelle. Die Viecher machen sich geradezu einen Spaß daraus, sich möglichst schnell wieder genau an die Stelle zu setzen, von der man sie gerade erst vertrieben hat, und gefühlt werden es mit jeder Minute mehr von ihnen. Bald schon drehte sich jede Bewegung am Tisch nur noch um die Wespen. Je mehr wir uns über sie ärgerten, umso hektischer schwirrten sie um uns herum. Nur unser Jüngster war von den Tieren fasziniert.

Gleichzeitig nahm Nummer 3 in aller Ruhe einen Teelöffel voll Honig und legte ihn auf eine Untertasse am Rand des Tisches. Binnen Minuten sammelten sich auf dem Löffel alle Wespen, die nun nebeneinander hockten und den süßen Honig schlürften. Gleichzeitig kehrte auf dem Rest des Tisches Ruhe ein. Kein Wedeln und Scheuchen mehr, und wir konnten in Frieden frühstücken. Seitdem begann jedes Frühstück damit, den Wespen einen Löffel Honig zu spendieren.

Denn nervige Dinge verschwinden nicht, nur weil man sich über sie ärgert, sie anschreit oder sie beschimpft. In den meisten Fällen erzeugt man dadurch Frust, Aufregung und jede Menge Wind – aber nur selten führt dies zu einer Lösung. Die Wespen ließen uns in dem Moment in Ruhe, in dem wir ihnen eine bessere Alternative anboten. Das hat mehr geholfen als wutschnauben, schreien, aufregen, Wind machen und Fliegenklatschen zusammen.

Ist diese Methode übertragbar? Zu gerne nutzen wir heute doch jede Gelegenheit zum Wutschnauben, Schreien und Aufregen. Das Ergebnis davon ist allzu oft Frust, Zorn und jede Menge Ärger.  Vielleicht möchten wir ja einen Teil unserer Energie auch wieder darauf verwenden, um statt nach Aufregung und Frust auch nach sinnvollen Alternativen zu suchen?

Und wenn sich gerade keine Lösung findet, hilft es manchmal auch, sich mit einer heißen Tasse Kaffee in die Sonne zu setzen. Den mögen die Wespen nämlich nicht, und nach kurzer Zeit fliegen sie von alleine weiter. Dann hatte ich zwar immer noch kein Croissant, aber mit einem heißen Kaffee und genügend Urlaubssonne, kann ich schon eine ganze Weile gut auskommen…

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